Chris, Du bist einer der „famous five“. Was bedeutet das?
Ich bin nur für dieses Wochenende eines der „famous five“ – einer der fünf Gründer des Shambala Festivals. Wir kennen uns schon seit ein paar Jahren, sind eine Gruppe von Freunden. Irgendwann sind wir mal zu einer Party auf einem Feld gegangen und das ist daraus geworden.
Mit 15.000 Besuchern in diesem Jahr ist das Shambala wirklich ziemlich groß geworden. Wie hat das Ganze angefangen?
Wie viele andere Events war es zunächst nur eine Party. Es ist Zusammenkommen, Kreativität, es ist Musik. Es ist eine Feier.
Das Shambala ist dafür bekannt, sehr grün zu sein. Kannst du das erklären?
Wir versuchen das Festival dazu zu benutzen, um zu lernen, um uns auszutauschen und den ökologischen Einfluss zu minimieren. Ich denke, es ist sehr wichtig darüber zu reden. Wir haben die Dinge koordiniert, mit dem Publikum kommuniziert, haben unsere Einflüsse genutzt, wenn möglich. Ich glaube, Festivals spielen eine wertvolle Rolle in Diskussionen und der Kommunikation darüber, wie die Zukunft aussehen könnte.
Ihr versucht, das Festival ausschließlich mit erneuerbarer Energie zu betreiben?
Wir sind momentan bei 99 Prozent erneuerbarer Energie. Wir haben Pflanzenöl in allen Generatoren. Wir haben Solarzellen und Windanlagen, also eine Menge Energie auf Batterien gespeichert. Das eine Prozent, das uns noch fehlt, um vollkommen aus erneuerbaren Energien zu produzieren, liegt an unserem Lichtequipment, mit dem das teilweise noch nicht möglich ist.
Wie nimmt das Publikum diese Bemühungen auf?
Unser Publikum möchte, dass wir grün sind. Das gibt uns die Gelegenheit, Initiativen zu testen. Und wenn wir etwas im ersten Jahr nicht perfekt machen, vergeben sie uns das.
Ihr habt dieses Jahr auch das deutsche Projekt „The Electric Hotel“ eingeladen – ein Stromhotel für Handys. Warum gerade das?
Handys aufzuladen bietet die perfekte Gelegenheit, mit dem Publikum zu reden. Es ist eines der besten internationalen Projekte, wie man mit erneuerbaren Energien Handys aufladen kann, das ich je gesehen habe. Ich habe Sebastian (Sebastian Fleiter, Entwickler des Electric Hotels, a.d.R.) auf einer Konferenz in Deutschland getroffen. Wir haben uns ausgetauscht. So etwas gibt es nicht in England. Sie machen fantastische Dinge mit der gespeicherten Energie, es ist ein unglaubliches Projekt. Ich hoffe, sie kommen nächstes Jahr wieder.
Nun ist das Festival vorbei – und draußen auf den Wiesen liegt immer noch etwas Müll. Wie versucht ihr, das zu verhindern?
Wir haben ein paar Fotos und Experimente für dieses Jahr gemacht. Heute sieht man: an manchen Plätzen ist so gut wie gar kein Müll, auf anderen Flächen etwas mehr. Beim Kauf eines Tickets zahlen die Besucher zehn Pfund extra, ein Recycling-Pfand. Wenn sie uns an den Recycling-Stationen einen Sack Müll bringen, bekommen sie das Geld zurück. Wahlweise kann man auch das Festivalpacket für vierzig Pfund buchen, dann kümmern wir uns darum. In den letzten zehn Jahren haben wir eine Reihe von Kampagnen und Initiativen gegründet. Wir haben erkannt, dass es nicht reicht, an das Gewissen der Leute zu appellieren, man muss ihnen auch einen Anreiz geben. Geld ist ein guter Anreiz, denn Geld regiert die Welt.
Ihr als Koordinatoren habt ein Auge auf den Umweltschutz. Viele der Händler auf dem Festival sammeln aber auch für den guten Zweck. Absicht oder Zufall?
Alle Organisatoren das Shambala versuchen mit anderen Organisationen zusammenzuarbeiten, die diese grüne Weltanschauung mit uns verbreiten wollen. Wir können uns ja entscheiden zwischen Händlern, die nur aufs Geld aus sind, und solchen, die dem Publikum etwas Fantastisches bieten können und Geld für einen guten Zweck spenden. Ein gutes Beispiel dafür ist „fareshare“, das letztes Jahr den Innovationspreis von „A greener festival“ gewannen. Wir haben in diesem Jahr mit fareshare einen „Fine-Dining-Club“ kreiert.
Das heißt?
Als Besucher konnte man sich dort einen Tisch reservieren und erhielt ein Drei-Gänge-Menü. Fast alle Lebensmittel wurden dafür aus Restbeständen geholt, also quasi aus dem Müll, der ansonsten weggeschmissen worden wäre. Wir haben fareshare gratis einen Platz auf dem Festivalgelände zur Verfügung gestellt und sie haben den Menschen eine fantastische Erfahrung bereitet. Und dabei noch Geld für wohltätige Zwecke gesammelt.
Eine Neuerung in diesem Jahr war das Verbot von Plastikflaschen. Warum habt ihr das gemacht?
Das war die große Kampagne in diesem Jahr. Wir dachten, wir brauchen eine neue Kampagne, um das Publikum zu ermutigen und anzusprechen. Wir haben viele Jahre versucht, über Kohle zu reden – das ist nicht sexy – und es ist sehr schwer, die Leute zum Umdenken zu bewegen. Also haben wir uns angeguckt, welche Probleme aktuell sind, und stießen dabei auf die riesigen schwimmenden Plastikareale im Südpazifik. Und die Sinnlosigkeit von Wasser in Plastikflaschen. Es erschien uns wie das Paradebeispiel dafür, wie Generationen von Marktführern uns eine Art zu konsumieren schmackhaft gemacht haben, die eigentlich sehr umweltschädigend ist. Also haben wir uns dafür entschieden, Plastikflaschen komplett vom Shambala zu verbannen und stattdessen kompostierbare Becher auf dem Festivalgelände anzubieten.
Ist Euer Plan aufgegangen?
Es scheint funktioniert zu haben. Wir waren nervös, es war eine große Veränderung. Wir mussten uns darauf fokussieren, kostenloses Trinkwasser auf dem Festival zur Verfügung zu stellen, ansonsten hätten wir vielleicht Gesundheitsprobleme riskiert. Außerdem mussten wir den Händlern nahebringen, warum wir das tun. Das Publikum hat es sehr gut aufgenommen. Ich würde sagen, 70 Prozent des Mülls, der im Laufe des Tages und des Abends auf dem Boden gelandet ist, waren Plastikflaschen- und Becher. In diesem Jahr war das aber so gut wie gar nichts. Und die Erfahrung, die wir in diesem Jahr gemacht haben, was die Sauberkeit des Festivals anging, ist eine beachtenswerte Veränderung.
Also habt ihr ein Risiko genommen – und damit gewonnen. Chris Johnson, vielen Dank für das Gespräch!
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