Auf den Postern und Schildern, die sie mit sich trugen, standen in großen Buchstaben Slogans, wie „No más explotacion!“ – Keine Ausbeutung mehr, „No somos una atracción turística!“ – Wir sind keine Touristenattraktion, „Respeto!“ – Respekt. Verschiedene Generationen waren vertreten; von Großeltern, die von ihren Lamas begleitet wurden bis hin zu jugendlichen Müttern, die ihre Babys mithilfe eines bunt gewebten Tuchs auf ihre Rücken gebunden hatte; ihre Gesichter verzerrt in wütende Grimassen während sie tanzten und auf Quechua singend, einer Sprache die bis zu den Inkas zurückgeht und noch heute Perus zweite Amtssprache ist, begleitet von Musik die sie auf ihren Jahrhunderte alten Instrumenten spielten.
Macchu Picchu, Indios, Lamas – Kommt nach Cusco!
Derartige friedliche Demonstrationen, bei denen die indigene Bevölkerung ihren Ärger über die kulturelle Ausbeutung kundmacht, sind nun immer häufiger in Cusco zu sehen. Malerisch in den Anden und nahe am modernen Weltwunder Macchu Picchu gelegen ist die Stadt binnen kürzester Zeit zu Perus am häufigsten frequentiertesten Ziel geworden. Die Tourismusbranche ist nun die wichtigste Einkommensquelle für viele Bewohner der Region. Alles richtet sich nach den Wünschen der Besucher aus: Restaurants für jeden Geschmack, eine Vielzahl an Souvenirshops und alte Damen, die durch die Straßen wandern, begleitet von Lämmern und Lamas, mit denen die Touristen Fotos schießen können – gegen eine kleine Bezahlung, versteht sich.
Auch die Regierung hat in der ausgeprägten Präsenz der Eingeborenenkultur eine einfache Methode gefunden, um mehr Touristen anzulocken und so ist man schon im Flughafen Nahaufnahmen der indigenen Gesichter und zahllosen Fotos von Lamas ausgesetzt. Um die wachsenden Bedürfnisse zu stillen, die der Tourist nun für eine ‚authentische andine Erfahrung‘ hegt, werben nun viele Touranbieter mit Besuchen in ländlichen Gemeinschaften. Dort werden anschließend fast zirkusartige Shows für die Touristengruppen aufgeführt, die oft Tänze und Schamanen beinhalten und nur selten das wirkliche Leben der Dörfer widerspiegeln. 27 Prozent der Bevölkerung Perus lebt unter der Armutsgrenze, außerordentlich viele davon sind Teil der indigenen Bevölkerung. Die Touranbieter nutzen diese schwierige sozioökonomische Situation häufig aus und zahlen nur geringe Summen, doch selbst das wenige Geld, das den Familien zugutekommt, überfordert diese häufig – Alkoholmissbrauch ist stark verbreitet.
Indigener Stolz
Nach einer langen Geschichte von Rassismus und Diskriminierung gegen die indigenen Gruppierungen – noch heute sind die meisten Personen, die im lokalen Fernsehen dargestellt werden, Weiße; eine Tatsache die die 45 Prozent der Bevölkerung, die indigenen Ursprungs ist, nicht genau widerspiegelt – muss die indigene Bevölkerung nun auch noch die Modernisierungs- und Globalisierungsprozesse bekämpfen, ebenso wie finanzielle Schwierigkeiten, Alkoholmissbrauch, und den Verlust ihres kulturellen Erbes durch das inhaltlose Erfüllen der Touristenbedürfnisse. Mit der Zeit hat die indigene Kultur begonnen, sich zu verlieren und dieser wichtige Teil der Geschichte des Landes wird immer nichtiger.
Gleichzeitig ist jedoch ein gewisser indigener Stolz im Kommen unter der Bevölkerung der Anden, auch länderübergreifend. Ein Beispiel hierfür ist Evo Morales, der bolivianische Präsident, und der erste seiner Art, der einen indigenen Hintergrund hat. In Cusco hatte sich eine große Gruppe um die Kundgebung der Demonstration versammelt, unter ihnen viele Touristen. Sie bewunderten die Kostüme und Tänze und schossen Fotos von etwas, hinter dem sie eine Parade vermuteten. Sie konnten ja nicht wissen, dass es auch um sie ging.
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