En-Gedi/En-Dor/Gilboa (sam). Israel hat einen neuen König. David, der einfache Hirtenjunge aus Bethlehem, tritt die Nachfolge des in der letzten Legislaturperiode ziemlich unglücklich agierenden Saul an. Besonders die breite Basis aus dem Volk hatte diesen Regierungswechsel schon länger herbeigesehnt und freut sich über den zweiten Nachfolger auf dem Königsthron. Viele setzen große Hoffnungen auf den ambitionierten Newcomer und erwarten sich von ihm ein selbstbewussteres Auftreten in der Außenpolitik, als es bislang unter Saul der Fall war. Davids Vorgänger wurde zuletzt das gespannte Verhältnis zum Nachbarvolk der Philister zum Verhängnis. Nach der erfolgreichen Thronbesteigung Davids sind nun Details zum zurückliegenden Wahlkampf mit Saul bekannt geworden, die dieser Zeitung vorliegen und erstmals exklusiv veröffentlicht werden.
Wie f1rstlife bereits in der Ausgabe zuvor berichtete, befand sich David lange Zeit auf der Flucht, nachdem seine Erfolge bei der Durchführung verschiedener verdeckter und offener militärischer Operationen nicht nur große Bewunderung beim Volk, sondern auch Eifersucht und Argwohn bei seinem Befehlshaber Saul hervorgerufen hatten. Als gesichert gilt, dass David zu diesem Zeitpunkt bereits vom Propheten Samuel zum nächsten Königsnachfolger gesalbt wurde, wie dieses Blatt schon einmal angedeutet hatte. Jedoch hatte er Skrupel, seinen Anspruch auf die Königswürde geltend zu machen, solange Saul noch im Amt war. Saul dagegen soll nach Angaben von Samuel bisweilen von einem „bösen Geist“ besessen gewesen sein und plante deshalb, den Jungen zum Schutze der nationalen Sicherheit zu liquidieren, obwohl dieser – wie jetzt feststeht – zu diesem Zeitpunkt keinerlei Gefährdung darstellte.
David verschont Wild-Pinkler
Samuel berichtet in seinem ersten Buch detailliert von einer aufregenden Verfolgungsjagd, die sich über einen längeren Zeitraum hinaus erstreckte. Dabei kam es auch zu einigen Skurrilitäten: Als sich David mit seiner Anhängerschaft im schwer zugänglichen En-Gedi-Gebirge eingegraben hatte, setzte ihm Saul mit einer dreitausend Mann starken Truppe nach, um ihn festzunehmen. Unterwegs überkam dem König ein zutiefst menschliches Bedürfnis, das eine seriöse Zeitung wie diese eigentlich unkommentiert lassen müsste, wenn es nicht beinahe kriegsentscheidend gewesen wäre. Saul ging also in eine Höhle, um, wie der Chronist schreibt, „seine Notdurft zu verrichten“. Zufälligerweise saßen ganz hinten in eben dieser Höhle David und seine Leibgarde und wurden Zeuge der eines Königs unwürdigen Wild-Pinkelei. Die Männer redeten auf David ein, die Gelegenheit zu nutzen und Saul zu töten. Doch der junge Mann reagierte ganz anders als erwartet.
„Der Herr bewahre mich davor, meinem Gebieter, dem Gesalbten des Herrn, so etwas anzutun und Hand an ihn zu legen“, lautete die überlieferte Antwort Davids, „denn er [Saul; Anm. d. Red.] ist der Gesalbte des Herrn.“ Stattdessen schnitt David mit seinem Schwert heimlich den Zipfel von Sauls Mantel ab. Als der König die Höhle schließlich verließ, lief David ihm nach, zeigte ihm den abgetrennten Kleidungsfetzen und rief dabei aus: „Wenn ich einen Zipfel deines Mantels abgeschnitten und dich nicht getötet habe, dann kannst du erkennen und einsehen, dass ich mich nicht gegen dich versündigt habe.“ Saul zeigte große Rührung und versprach, David fortan zu verschonen. Wie viel Wert das Versprechen eines Politikers in gehobener Position tatsächlich hat, sollte sich bereits kurze Zeit später zeigen.
Sauls Tod: Suizid mit Beihilfe?
Es dauerte nicht lange, da nahm Saul die Verfolgung Davids nämlich wieder auf und erneut konnte der Verfolgte seine Kühnheit und auch seine Großherzigkeit unter Beweis stellen, als er ein weiteres Mal den König verschonte. Während alles schlief, soll sich David in das Heerlager des Königs eingeschlichen haben, um dessen Speer und Wasserkrug zu entwenden, die direkt neben Sauls Kopf lagen. Am nächsten Morgen konfrontierte David Saul mit der Tatsache, dass er ihn wieder hätte töten können. Erneut brachte Saul sein Bedauern zum Ausdruck und erklärte die Verfolgung offiziell für beendet. Danach tauchte David, der diesem Versprechen offenbar nicht traute, für einige Zeit im Land der Philister unter, während Saul sich auf den nächsten Krieg vorbereiten musste.
In seiner Verzweiflung wandte er sich verbotenerweise an eine Totenbeschwörerin in En-Dor, um den Geist des mittlerweile verstorbenen Propheten Samuel um Rat zu fragen. Samuel soll sehr erbost reagiert haben und Saul darauf hingewiesen haben, dass er seine Reputation bei Jahwe endgültig zerstört habe und David sein Amt übernehmen werde. Vollständig demoralisiert verlor Sauls Armee die Schlacht gegen die Philister bei Gilboa, seine Söhne Abinadab, Malkischua und Jonathan, ein enger Freund Davids, fielen im Kampf. Angesichts der sich anbahnenden Niederlage soll sich Saul auf dem Schlachtfeld das Leben genommen haben. Dem widerspricht jedoch die Aussage eines jungen Amalekiters, der Saul auf dessen freien Willen hin Sterbehilfe geleistet haben soll. Ein Obduktionsbericht liegt noch nicht vor und die Zeugenbefragung gestaltet sich weiterhin schwierig, da David den vermeintlichen Sterbehelfer auf der Stelle hinrichten ließ. Wir werden weiter berichten.
Quellen: 1. Buch Samuel 24,1-31,13; 2. Buch Samuel 1,1-16
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