Als junger Mensch lebt man in ständiger Annahme, es stünden einem alle Türen und Tore offen, die Zukunftsperspektiven seien vielfältig und man würde es einmal weit bringen. Man blickt mit beispielsweise 18 Jahren nur auf maximal 14 Jahre zurück, da das Erinnerungsvermögen erst im Alter von vier Jahren in Kraft tritt. Diese 14 Jahre Erinnerung machen im besten Falle eine glückliche und erlebnisreiche Kindheit aus, man ist geregelte Tagesabläufe gewohnt und kennt und mag seine Bezugspersonen. Demnach sind die meisten „Jünglinge“ also positiv ihrer Zukunft gegenüber eingestellt und sind der Meinung, im Laufe ihres Erwachsenen-Lebens viel bewegen und erleben zu können. Kann man diese Einstellung denn wie Schopenhaur als „Wahn“ bezeichnen?
Die Ernüchterung kommt spätestens, wenn sich bei ehemals unbändigen Jugendlichen durch Arbeit, Schicksalsschläge und Zeichen der Alterung Ernüchterung breit macht und dabei Lebensmut und Lebenskraft abnehmen. Eben diese beiden letzten Punkte stecken jedoch häufig in Kopf und Herz des jungen Menschen. Er möchte etwas erreichen in seinem Leben, immer höher, schneller, weiter. Durch diesen falschen Ehrgeiz, Andere ständig übertreffen und ausstechen zu wollen, gerät man leicht in eine Haltung des Egoismus und der Oberflächlichkeit. Über den Weg zum Ziel vergessen eben diese Menschen leicht Freunde und Familie, sehen einzig die große weite Welt und sich selbst.
Dopingskandale als Beispiel
Gerade im Leistungssport steht nicht mehr wie früher ehrlicher, sportlicher Ehrgeiz und der faire Wettkampf im Vordergrund, sondern einzig der Sieg, bei dem möglichst alle Rekorde gebrochen werden sollen. Für eben diesen Sieg überschreiten manche Hochleistungssportler gesetzliche Grenzen und versuchen, die eigene Leistung mittels Dopingmitteln zu verbessern. Die Tour de France wird mittlerweile sogar als "Apothekenrundfahrt" verspottet.
Hat Schopenhauer Recht mit seiner Aussage?
Dem Ausspruch Schopenhauers kann ich weder wirklich widersprechen noch voll bestätigen. Für eine Zustimmung sprechen die bereits erwähnten Punkte, die Welt mit jugendlichem Leichtsinn im großen Stil verändern zu vollen, alles zu optimieren und perfektionieren und dabei die Werte, auf die es eigentlich ankommt, zu vergessen. Widersprechen muss ich der Aussage jedoch in der Hinsicht, dass ich der Meinung bin, dass Kinder und Jugendliche unsere Zukunft ausmachen und die „Jünglinge“ von heute die „Bestimmer, Beweger und Veränderer“ der Welt von Morgen sein werden und dafür das nötige Selbstbewusstsein und eine optimistische Grundhaltung brauchen.
Veränderung muss nicht unbedingt negativ aufgefasst werden. Veränderung kann auch Fortschritt und positive Entwicklung bedeuten. Wo ständen wir heute ohne den Ehrgeiz und den Forscherdrang von Albert Einstein oder Alexander Graham Bell? Meiner Ansicht nach muss dieser Wille, in der Welt viel zu holen, nicht unbedingt als Wahn aufgefasst werden. In den Köpfen der Menschen von heute steckt natürlich weiterhin das Bestreben, der Welt etwas abzuverlangen, aber genauso gibt es die Einsicht, dass der Welt nicht zuviel abverlangt werden darf, weshalb junge Menschen beginnen, sich beispielsweise für den Schutz des Klimas, der Arktis und unserer Umwelt zu widmen. Die Menschheit will auch zum jetzigen Zeitpunkt noch entdecken und probieren, verstehen und erlernen, optimieren und perfektionieren, doch der Preis dafür ist ihnen mehr und mehr bewusst.
Das Streben des einzelnen Menschen, die eigene Zukunft optimal zu gestalten, darf also nicht mit Scheuklappen vor den Augen geschehen, welche den Blick nach rechts und links einschränken und nur das Ziel und den geraden, einfachen Weg dorthin in den Vordergrund stellen. Ganz im Gegenteil: Der junge Mensch sollte versuchen, gemeinschaftlich mit Anderen wichtige Entscheidungen für die Zukunft zu treffen und dabei Maßnahmen und Konsequenzen im Blickfeld behalten. Seine Mitmenschen und die Umwelt sollte er in sein Streben und Gestalten mit einbeziehen, auch wenn dies für ihn selbst Rücksichtnahme und Verzicht bedeuten könnte, denn nur so kann Zukunft auch Sicherheit bedeuten.
Schreibe einen Kommentar