Vor nicht allzu langer Zeit war das Thema „globale Erwärmung“ noch in aller Munde. Heute scheint es fast vergessen, dass man damit etliche Talkshows füllen, eine Partei erfolgreich in die Parlamente befördern, und die Massen auf die Straße bringen kann. Ist das Thema nun vom Tisch, seit wir wissen, dass auch hierzulande die Reaktoren heruntergefahren wurden und es in der Erdgeschichte zyklische Abfolgen von Wärme- und Kälteperioden gibt?
In jeder Umwelt(schutz)debatte hatte Atomkraft höchste Priorität. Gegen diese konnte man gut reden, die Fronten waren klar und man hatte Schreckgespenster, wie Tschernobyl oder Fukushima, sodass das Ablehnen atomarer Energie erheblich vereinfacht wurde. Erst in zweiter Instanz kamen dann die großen Autos auf die deutschen Straßen, die nicht nur für fahrnotwendige Distanzen ihre Motoren starteten. Höchstens danach interessierte man sich für Länder, wie China oder die USA, deren Schadstoffausstöße im Jahre 2009 aufgrund von Energieeinsatz 7,5 bzw. 9-mal so hoch waren wie die Deutschlands. Während die Bundesrepublik, wie auch die USA, in den Jahren zuvor ihr Ausstoßvolumen drosselten, hatte die Volksrepublik allein im Zeitraum von 2008 bis 2009 einen Zuwachs von beinahe 5 Prozent. Dass sich der chinesische Trend in Zukunft fortsetzen wird, liegt auf der Hand. Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Es wird in puncto Umweltschutz viel zu sehr über die Emissionen geredet, als dass man dem Ressourcenverbrauch Aufmerksamkeit schenkt. Ist die Relation zwischen Erderwärmung und menschlichem Schadstoffausstoß keinesfalls gering zu achten, so sollte es jedem Staat daran gelegen sein, für die Zukunft ein nachhaltiges „Rohstoffsystem“ zu schaffen, dass auch die Energieversorgung für kommende Generationen sichert.
Grün wählen = grün leben?
Geht es um Emissionsregulierung, fällt dem Wahlbürger zunächst jene Partei ein, die sich seit 30 Jahren bemüht, umweltpolitische Themen in den Abgeordnetenhäusern zu platzieren. Wir wissen allerdings heute, dass der typische Grünen-Wähler, bzw. die typische Grünen-Wählerin, die auf ihre Sondernennung sicher Wert legt, nicht nur dem klassischen, fahrradfahrenden Ökomilieu zuzurechnen ist. Vielmehr sind die Grünen heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen, ihre Themen wurden von Industrie und Politik weitestgehend aufgegriffen, es ist schlichtweg „in“, grün zu sein.
Ein wachsames Auge muss jedoch sehen, dass diese etablierten Bürger heute auch geräumige SUVs fahren und Plastikflaschen benutzen. Das Kreuzchen beim Bündnis 90 zu machen, ist kein Alleinstellungsmerkmal. Die relevanten umweltpolitischen Themen – man denke an die von Angela Merkel (CDU) angestoßene Energiewende – findet man heute bei jeder ernst zunehmenden politischen Größe. Ohne grüne Themen kann man heute nicht mehr mehrheitsfähige Politik betreiben.
Todschlagargumente greifen zu kurz
Problematisch ist, dass eine schnelle Stagnation in der Öko-Frage eintritt, wann immer in einer Debatte zwei Argumente dem Todschlag zur Geltung verhelfen: „Umweltfreundlichkeit schadet wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit.“ Das klingt plausibel und scheint offensichtlich. Schaut man aber hinter die Kulissen und vor allem auf „Soft-Attributes“ von Unternehmen, so entdeckt man Werte wie „Image“ und „Kundenfreundlichkeit“ oder sogar „Nachhaltigkeit“. Eine Umwelt-Ampel beispielsweise schränkt ein stark emittierendes Auto in seinem Verkauf zunächst nicht ein, macht aber dem Käufer erkenntlich, dass dieser Wagen mit einem roten „E“ gekennzeichnet ist. Solche Signale können wirkungsvoll sein. Außerdem würde heutzutage ein Hausbauer von sich aus nie auf die Idee kommen, keine Doppel- oder Dreifachverglasung einbauen zu lassen. Es ist schlicht obsolet, wenn man gewissen „grünen“ Trends nicht folgt.
In einigen deutschen (Groß)stadtvierteln müssen sich Restaurant- und Cafebetreiber inzwischen geradezu schämen, wenn sie im Winter ihre Heizpilze aufstellen und anschließend befeuern. Das verdeutlicht, wie „grün“ das Denken beim Konsum geworden ist. „Aber selbst das bewirkt nur national etwas. Da machen die Chinesen nicht mit, sie wollen auch ihre eigene Industrialisierung.“ Dieses Argument zieht schon eher. Allerdings, so meinen inzwischen viele Stimmen, kommt auch hier ein Aspekt viel zu kurz.
Vorbild sein ist keine Schande
Zunächst etwas Grundsätzliches: Wann immer ein Mensch Müll trennt, wann immer ein Mensch ohne Lohn in einer sozialen Einrichtung aushilft, wann immer eine Mutter mit vielen schlaflosen Nächten ein Kind groß zieht, wann immer ein Demonstrant sich unter Einsatz seines Lebens in totalitären Staaten für Grundrechte einsetzt, erhält er nichts dafür. Diese Menschen sind zunächst „die Dummen“. Aber sie sind in ihrem Handeln auch immer Vorbilder für andere und das wiederum drängt zur Imitation. Ein solches Denken auf Staaten anzuwenden, ist in erster Linie auch naiv, da etwa das chinesische Machtbündel aus kommunistischen Funktionären und Fabrikbesitzern (Proletarier und Bourgeoisie vereint) nicht an grünen Querulanten interessiert ist.
Aber die Öffentlichkeit eines Landes wird sehr wohl die Früchte eines ökologisch bewussteren Lebens entdecken, selbst wenn diese nur im sich lichtenden Smog der Großstädte lägen, welcher momentan den Stadtbewohnern im Reich der Mitte schwer zu schaffen macht, und vielleicht dann auch nachahmen. Wie jeder Einzelne Vorbild für sein Umfeld sein kann, so spielt auch Deutschland hier schon eine Vorreiterrolle für Staaten, die in Umweltfragen noch nicht so weit sind. Dass die grüne Politik hierzulande inzwischen Einfluss auf große Teile etwa der amerikanischen Bevölkerung hat – in jenem Land also, in dem Häuser vielfach einfachverglast sind und Trucks schon immer benzinbetrieben fuhren – zeigt, dass ein solches Handeln auch in der Ferne Schule machen kann.
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