
Die Ausreise aus Xiamen und somit China war ok. Nach mehreren Besuchen bei verschiedenen Behörden, dem Flughafen und dem Fährhafen durfte bzw. musste ich meine Sachen packen und das schöne Xiamen verlassen. An der Grenzkontrolle wurde ich angehalten und zur nächsten Polizeistation gebeten. Eine nette, lächelnde Polizisten redete auf Chinesisch auf mich ein, ignorierte gekonnt mein „ting bu dong“ („ich verstehe nicht“) und erst, als ich auf offensichtliche Fragen nur schüchtern mit den Schultern zuckte, wiederholte sie auf Englisch „too late!“. Betroffen nickte ich und versuchte es mit einem simplen „Taifun…“, aber obwohl das Wort in meinen Ohren auf Chinesisch genauso klingt wie auf Deutsch, wurde ich nicht verstanden.
Die Polizistin reichte mir schließlich ein Dutzend Dokumente mit den Worten „your name – here“ und zeigte auf die entsprechenden Stellen. Um meinen Pass wiederzubekommen, musste ich noch ein wenig verloren durch den Hafen irren, bis schließlich jemand verstand, was ich wollte und ich meinen Pass, zusammen mit departing und arrival card, zurückbekam. Ich war froh, dass ich die möglichen 500 Yuan pro „illegalem“ Tag nicht zahlen oder die stattdessen von besonders fiesen Grenzpolizisten möglich zu verordnende Freiheitsstrafe von 10 bis 15 Tagen nicht absitzen musste…
Von Xiamen nach Kaohsiung
Von Xiamen nahm ich die Fähre nach Jinmen, einer vorgelagerten Insel, die allerdings von Taiwan besetzt ist. Die Fahrt war angenehm und dauerte nicht lange. Auf der Insel und somit in Taiwan angekommen, traf ich auf nette, Englisch sprechende Taiwanesen und wechselte mein Geld von chinesischen Yuan in New Taiwanese Dollars. Mit dem Taxi ließ ich mich von dem ersten älteren rudimentär Englisch sprechendem Fahrer, den ich bisher in Asien hatte, zum Flughafen der Insel bringen.
Es waren kaum Menschen auf den erstaunlich gut gebauten Straßen, an jeder Ecke tauchten kleine Tempel vor uns auf und es war sauber und ruhig. Auch der Flughafen begeisterte mich mit nur ein paar Gates und süßen Propellermaschinen, mit Feodora-Keksen im Supermarkt und Klopapier auf den Toiletten. Das Flugzeug war winzig und leer. Der Flug war atemberaubend, wir flogen so niedrig, dass ich den gesamten Flug über das blaue Meer mit ab und zu auftauchenden gelben Inselchen und weißen Schiffen unter uns sehen konnte.
Kaohsiung
Ich erreichte Kaohsiung und begann zu schwitzen, sobald ich den ersten Schritt aus dem Flugzeug tat. Chongqing zählt zu den fünf heißesten Städten Chinas. Aber ich hatte mich in fünf Monaten an das Klima gewöhnen können. In Taiwan knallt die Sonne, die Luftfeuchtigkeit ist noch höher. Es fühlt sich durch die starke Sonne aber für einen Europäer auch mehr nach Urlaub an. Kaohsiung liegt im Süden Taiwans, an der Westküste. Mein erster Eindruck war toll, allerdings finde ich nun, dass die Stadt eigentlich nicht viel zu bieten hat, außer Sauberkeit und freundlichen Menschen (was natürlich viel wert ist). Es gibt einen Fluss, der für Englisch sprechende Touris „love river“ genannt wird, sowie einen „love pier“. Es gibt viele Tempel, alte wie neue, und eine hübsche vorgelagerte Insel mit einem schwarzen Strand, an dem jedoch das Schwimmen verboten ist. In Kaohsiung traf ich einen deutschen Freund, den ich in Chongqing kennen gelernt hatte. Zusammen fuhren wir von Kaohsiung nach Tainan, was eine Stunde nördlich entfernt liegt.
Tainan
Wir hatten nur einen Tag, um uns Tainan anzusehen. Das Highlight der Stadt soll eine alte Festung sein, die während der Kolonialzeit von den Niederländern gebaut worden war. Auch wenn der Ort geschichtlich interessant ist, war ich etwas enttäuscht: von der Festung ist kaum noch etwas erhalten, ein neu gebauter Aussichtsturm ersetzt den früheren, während eines Taifuns zerstörten Bergfried. Mein persönliches Highlight Tainans war ein Garnelen-Kuchen: drei gekochte Garnelen wurden als Ganzes (mit Schale, Schwanz, Kopf) in einen Crêpe-ähnlichen Teig gepresst, bis sie mir, platt wie eine Flunder gequetscht, in die Hand gedrückt wurden. Der „Kuchen“ schmeckte zwar etwas pappig, sah aber auf jeden Fall super aus.
Taipei
Die Fahrt von Tainan zur Hauptstadt Taipei dauerte über vier Stunden. Wie in China werden Verkehrsmittel und Einkaufszentren auch in Taiwan schrecklich eisig herunter gekühlt. Die Fahrt war auch nur halb so spannend, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Landschaftlich war nicht viel zu sehen und schnell wurde es dunkel.
Aber die Stadt war super. Am ersten Tag schafften wir es lediglich, den nächstgelegenen Nachtmarkt zu erkunden, aber das Essen dort war unglaublich lecker und ich hatte keinerlei Hygiene-Bedenken, da Taipei die anderen Städte in Punto Sauberkeit noch übertrifft. Mein Begleiter machte sich am nächsten Tag auf nach Seoul, also erkundete ich Taipei „by day“ allein. Ich begann mit dem Palastmuseum, einem der fünf größten Museen der Welt. Auch dort war es sehr kalt, sodass ich nicht nur aus Zeitgründen nach der ersten Halle abbrach. Beeindruckt war ich aber dennoch – von alter Trachtenkleidung, Silberschmuck, Jadehandwerk, Spiegeln, Möbelstücken, Kalligrafien… Das beste schien es im obersten Stock zu geben. Stundenlang sah ich die Leute Schlange stehen, fand aber leider nicht heraus, wofür. Auch im Rest des Museums hatte ich zwischendurch das Gefühl, mir mehr Leute als Ausstellungsstücke anzusehen, aber das Shaanxi History Museum in Xi’an war schlimmer gewesen, deswegen blieb ich ruhig und verließ die Menschenmenge, als es mir zu viel, bzw. zu kalt wurde.
Danach ging es zur Gedenkhalle. Eine Statue von Maos Gegenspieler Chiang Kai-shek lächelte mir entgegen, als ich die Treppen erklomm. Die unter ihm liegende Gemälde- und Geschichtsausstellung klärte mich über den „Anti-Japan-Krieg“ auf und darüber, dass Chongqing die am stärksten betroffene Stadt dieses Krieges gewesen war. Um den Sonnenuntergang nicht zu verpassen, hastete ich zum Elefantenberg und unzählige Stufen hinauf, bis ich schließlich einen atemberaubenden Blick über Taipei genießen konnte. Das einstmals höchste Gebäude der Welt, Taipei 101, lag unter mir und ich genoss die ruhige Atmosphäre der um mich herum gespannt auf den Einbruch der Dunkelheit wartenden Touristen.
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