Der Tag der Abreise (17. Dezember) begann sehr früh für mich, da auf mich ein achtstündiger Flug ins westafrikanische Ghana wartete. Meine Mutter fuhr mich zum Bahnhof. Sie packte mir zur Sicherheit noch einiges an Proviant mit ein, weil sie dachte, ich würde in einem afrikanischen Land vermutlich noch verhungern. Fernsehen sei Dank. Ich freute mich sehr auf die Reise. Im Flieger allerdings plagten mich plötzlich Ängste und Zweifel, schließlich hatte ich keinen blassen Dunst, wie es in dem Land vor sich ging. Mir fiel ein, dass ich mich aus purer Freude auf den Aufenthalt in Ghana nie wirklich mit der Kultur in dem Land beschäftigt hatte. Hatte ich mich nicht genügend vorbereitet? Die Skrupel verflogen schnell, als sich eine Ghanaerin neben mich setzte und das Gespräch suchte. Sie erzählte mir, dass sie in Deutschland wohnen und in Ghana über Weihnachten ihre Familie besuchen würde. Nach dem Sprachenwechsel ins Deutsche gab sie mir auch flugs die Handynummer ihrer Tochter und die Daten ihres Facebook-Accounts und bot mir an, über Weihnachten oder Neujahr etwas zu unternehmen. Ein erstes Zeichen ghanaischer Gastfreundschaft. Auf ihr Angebot bin ich während meines Aufenthalts allerdings nie zurückgekommen. War ich zu scheu? Hatte ich zu viele Befürchtungen, weil ich sie und ihre Verwandtschaft nicht kannte? Hatte ich wohl auch zu viel ferngesehen? Ich weiß es nicht.
Wo bin ich hier nur gelandet?
Nach gefühlten 500 Stunden Luftfahrt landete das Flugzeug in Accra, der Hauptstadt Ghanas – um 22 Uhr abends. Als ich ausstieg, kam mir eine Wolke unglaublich stickiger Luft entgegen, dampfig, feucht. Ich hatte Mühe mit meiner Atmung. Neben der Temperaturumstellung, den gefühlten 100 Passkontrollen und dem unfreundlichen Service musste ich zu allem Übel noch feststellen, dass das versprochene Taxi, das mich zu meiner Unterkunft hätte bringen sollen, nicht aufzufinden war. Eine halbe Stunde drehte ich mich am Ausgang des Flughafens im Kreis und suchte nach Menschen, die einen Papierfetzen mit meinem Namen drauf in ihren Händen hielten. Nichts. Schlussendlich nahm ich irgendein Taxi, was mir ein gutes Stück Geld kostete. Ich verstaute meinen Koffer, stieg ein und musste tief durchatmen. Der erste Schock saß. Das Gesicht des Fahrers war mit einigen Beulen übersät. Erster Gedanke: „Raus hier!“ Ich konnte mich jedoch noch rechtzeitig beruhigen und entschloss mich, mich zusammenzureißen. Eine Stunde lang durchkreuzten wir in tiefschwarzer Nacht die Straßen Accras. Meine Unterkunft, wo zwölf deutschsprachige Jugendliche gespannt auf mich warteten, fand der Taxifahrer nur durch pures Glück, wie ich später erfuhr.
Von einem Journalismus-Praktikum weit entfernt
Fünf Tage vor Heiligabend: Mein erster Arbeitstag bei dem Regionalblatt „New Independent“. Ungeduldig saß ich im „Redaktionsbüro“ – welches aus einem Raum und vier PCs bestand – und wartete auf den Redaktionschef. Nach zwei Stunden kam er dann schließlich aus seinem zwei Quadratmeter großen Kabäuschen nebenan heraus, um mir zu erklären, über welche Themen ich schreiben könne und dürfe. In den nächsten dreieinhalb Wochen befand ich mich noch drei weitere Male an Ort und Stelle, keine sehr fruchtbare Zusammenarbeit. Einmal stand ich vor verschlossenen Türen, die sich erst durch mehrere Anrufe und nach einigen Stunden Wartezeit öffneten, ein weiteres Mal funktionierten die Computer nicht, ein drittes Mal begab ich mich dahin, um feststellen zu müssen, dass der „Editor“ noch Fehler in meinen Text „hineinkorrigierte“. Das reichte mir dann auch. Am Ende des Aufenthalts standen zwei fertige Artikel zu Buche. Ich erinnerte mich an die Predigt der Leiterin meiner Reiseorganisation: „Lass den Europäer am besten zu Hause“, schrieb sie mir. Das ging wohl gründlich in die Hose.
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