f1rstlife: Ihr seid zwei Monate durch den Westen der USA gereist und habt viel gesehen. Was war Euer persönliches Highlight?
Vanessa: Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Die zwei Monate waren ein einziges Highlight. Aber ein ganz besonderes Erlebnis war, als wir nahe des Sequoia Nationalparks einen einsamen Fluss gefunden haben, in dem wir dann zwei Stunden lang bei strahlendem Sonnenschein rumgeplanscht haben. Dann fällt mir da natürlich noch unsere unvergessliche Macklemore-Partynacht in Las Vegas, das Klettern am Grand Canyon, die Strände und unsere witzigen Begegnungen mit den verschiedensten Menschen ein.
Miriam: Ich kann mich Vanessa nur anschließen. Die Reise war absolut perfekt. Für mich war ebenfalls das Macklemore Konzert ein ganz besonderer Moment. Wir hatten einfach so viel Spaß und es war wahnsinnig cool, ihm so nahe zu sein und mit ihm zu feiern. Außerdem würde ich unseren letzten Ausritt als Highlight bezeichnen. Wir beide haben an unserem vorletzten Tag nochmal einen zweistündigen Ausflug über das Gebiet der Ranch gemacht. Dabei haben wir nochmal die Landschaft genossen und mit den Pferden richtig viel Spaß gehabt.
Gab es für Euch schlimme Situationen, aus denen ihr am liebsten geflohen wärt?
Miriam: Ich glaube, da kann ich für uns beide sprechen. Die Nacht auf der McDonald Ranch war definitiv eine grenzwertige Erfahrung. Genauso wie das Erdbeben, das wir auf der SCEC-Ranch in Petaluma erlebt haben. Wir dachten für einige Sekunden wirklich, dass die Scheune, in der wir zu dem Zeitpunkt schliefen, zusammenbrechen würde. In beiden Situationen waren wir mehr als froh, einander zu haben. Alleine hätten wir sie nicht unbedingt durchstehen wollen.
Ihr habt in den zwei Monaten wirklich einiges erlebt. Durch die Grenzerfahrungen, aber auch durch die Highlights, habt Ihr sicherlich viele Erfahrungen aus dem Urlaub mitgenommen und auch was gelernt…
Vanessa: Ja! Der Urlaub, aber vor allem der Aufenthalt auf der Ranch, haben mir gezeigt, dass man viel mehr durchstehen und aushalten kann, als man vorher gedacht hat. Wir hatten einen Monat lang kein richtiges Bad. Wir hatten nur ein Dixi-Klo, ein Waschbecken in der Sattelkammer und eine zugige Dusche in einem Schuppen. Und irgendwie haben wir es ausgehalten. Wir hatten keine richtige Küche und kochen konnte man trotzdem irgendwie. Ich glaube, wir beide haben gelernt, dass man sich an viele Lebens- und Arbeitsumstände anpassen kann und dass es uns zuhause wirklich mehr als gut geht. Diese Erfahrung möchte ich nicht missen, auch wenn es teilweise sehr hart zu sehen war, wie einige andere Menschen auf Dauer so leben. So arbeitete auf der SCEC-Ranch beispielsweise ein Mexikaner, der dort immer alleine lebt und von morgens bis abends hart schuftet. Viel Anerkennung bekommt er dafür nicht.
Miriam: Ja, das stimmt! Und genau diese Erfahrung haben wir auch gemacht: Wie man als Arbeiter angeschaut, behandelt und als jemand Schlechteres angesehen wird, ist teilweise kein schönes Gefühl. Es ist schwierig, all die Erfahrungen zusammenzufassen. Wir haben so viel gesehen und erlebt. Es gab so viele gefährliche, lustige, emotionale und anstrengende Situationen. Doch in welcher Situation auch immer wir uns befanden, wir hatten Spaß. Wir haben nie unseren Humor verloren und immer miteinander lachen können. Die Reise hat mir gezeigt, dass uns wirklich eine besondere Freundschaft verbindet, die auch Belastungen standhält.
Wenn Ihr die Zeit zurückdrehen und noch einmal alles neu planen könntet, würdet Ihr etwas anders machen? Wenn ja, was?
Vanessa: Ich würde nichts anders machen, wirklich nichts! Auch nichts, was die Ranchsuche angeht. Denn wir haben im Vorfeld lange und ausführlich mit der Ranchbesitzerin per E-Mail kommuniziert und sogar einen Südkoreaner kontaktiert, der auf der McDonald Ranch gearbeitet hat. Ich würde auch wieder über workaway suchen. Denn die SCEC Ranch haben wir auch über die Seite gefunden. Workaway dient ja nur als Vermittler und überprüft die Anzeigen nicht. Das wollten wir aber auch nicht. Dass man somit natürlich auch ein Risiko eingeht, ist klar. Wer dazu natürlich nicht bereit ist, muss so etwas über richtige Organisationen „buchen“. Das wird dann allerdings ziemlich teuer…
Miriam: Gar nichts! Ich kann beim besten Willen nichts finden, das mich gestört oder genervt hat. Würde ich die Zeit zurückspulen können, würde ich alles exakt gleich machen. In meinen Augen hat auch die negative Situation auf der McDonald Ranch uns nur noch mehr Erfahrungen sammeln lassen.
Wenn Ihr von Eurer Reise erzählt, fragt man sich natürlich, wie es so perfekt werden konnte. Was waren dafür die wichtigsten Komponenten?
Miriam: Unsere Reise war perfekt, weil wir uns menschlich so gut verstanden haben. Wir wollten immer dieselben Dinge anschauen oder unternehmen.
Vanessa: Auch, wenn wir mal nur eher „langweilige“ Fahrtage hatten, konnten wir immer jede Menge lachen und rumalbern.
Habt Ihr Euch in den zwei Monaten verändert?
Miriam: Die Beurteilung darüber überlassen wir anderen.
Vanessa: Aber ich behaupte, dass wir in manchen Situationen selbstbewusster und konsequenter handeln. Außerdem hat sich unser Blick in Bezug auf Armut und Arbeiter geschärft.
Wie habt Ihr die Amerikaner und das Land wahrgenommen?
Vanessa: Die meisten Amerikaner machten auf den ersten Blick einen sehr aufgeschlossenen Eindruck. Sie grüßen immer und fragen, wie es einem denn gehe. Das war bei den meisten aber nur oberflächlich. Sie erwarteten eigentlich gar keine Antwort und wenn es mal zu einem Smalltalk kam, äußerten sie meist kein wahres Interesse an unserer Geschichte. Die Amerikaner sind sehr stolz auf ihr Land, aber auch naiv. Das haben uns sogar einige Amerikaner selbst erzählt. Viele wollen das eigene Land gar nicht unbedingt verlassen und immer nur das Gute hören.
Miriam: Was es uns wirklich leicht gemacht hat, uns in den USA wohl zu fühlen, war, dass die meisten Amerikaner sehr hilfsbereit waren. Das beste Beispiel war Annette, die uns auf unserer Flucht von der McDonald Ranch geholfen hat, nach Santa Rosa zu kommen und ein Hotel zu finden.
Wo war der beste Ort zum Shoppen?
Vanessa & Miriam: Die ganzen Outlets!
Vanessa: Die gibt es gefühlt in jeder Stadt. Shoppen ist in den USA ja ohnehin schon günstiger als in Deutschland, aber in den Outlets sind die Preise dann wirklich so, dass man fast schon dazu gezwungen wird, ganz viel zu kaufen!
Miriam: Wo man auch super bummeln gehen kann, ist in Santa Barbara. Die Stadt an der Pazifikküste hat eine wunderschöne Einkaufsstraße in der man wirklich schöne Boutiquen und Restaurants findet.
Und wo gab es den schönsten Strand?
Vanessa: Der war für mich auf jeden Fall auf Coronado Island. Die Insel, die direkt vor San Diego liegt, hatte aber nicht nur einen schönen, weitläufigen Strand mit klarem Wasser und super Wellen. Die Insel hat auch ein süßes Städtchen, in dem wir bummeln gehen konnten.
Wo war der beste Ort zum Wandern und Natur erleben?
Miriam: Der Yosemite Nationalpark und der Grand Canyon sind aus meiner Sicht ein absolutes Muss für alle Naturliebhaber. Wir haben die Tage dort sehr genossen.
Welche Stadt hat sich am besten fürs Partymachen geeignet?
Vanessa: Ganz klar: Las Vegas!
Miriam: Las Vegas.
Was habt Ihr an Deutschland am meisten vermisst?
Miriam: Das Brot! Wir haben in den amerikanischen Supermärkten teilweise verzweifelt nach krossem Brot gesucht. Das meiste war pappig und ließ sich einfach zusammen drücken. Bei „Safeway“ haben wir dann zum Glück entdeckt, dass es dort frisches Baguette gab.
Fiel es Euch leicht, nach Eurer Reise in den Alltag zurückzukehren?
Vanessa: Überhaupt nicht. Irgendwie war es in den ersten Tagen in Deutschland wie in einem Traum. Ich dachte und hoffte, dass ich gleich wieder aufwache und dann in einem Hotelbett in den USA liege.
Miriam: Außerdem war es komisch, auf einmal nicht mehr Tag und Nacht mit Vanessa zusammen zu sein. Nach den acht Wochen waren wir so ein eingespieltes Team und dann holt einen in Deutschland auf einmal der Alltag wieder ein…
Würdet Ihr so eine Reise wieder machen?
Vanessa: Ich wäre sofort wieder dabei. Wir haben auf der Reise so viel Neues gelernt, viel gesehen und die Zeit einfach nur genossen. Leider wird es in den nächsten Jahren wohl schwierig, noch einmal für zwei Monate zu verreisen.
Miriam: Wir haben bereits gegen Ende der Reise gesagt, dass wir gerne einfach weiter machen würden – wieder auf eine Ranch und arbeiten und dann weiter reisen. Es war eine wunderbare Zeit und ich danke Vanessa für all die unvergesslichen Momente.
Außerdem wollen wir Euch danken! Dafür, dass ihr all die Monate unsere wöchentliche Serie gelesen und unsere Erlebnisse mitverfolgt habt. Diese Serie hat uns journalistisch viel gebracht und wir sind froh, dass f1rstlife uns diese Chance gegeben hat.
Liebe Miriam, liebe Vanessa, vielen Dank für Eure Berichte und dieses Gespräch!
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