Was das Bad anging, erwarteten wir gar nichts Blitzblankes. Wir hatten fest damit gerechnet, es erst einmal putzen zu müssen. Doch was uns dort erwartete, war einfach nur widerlich. Das hätte das beste Putzmittel nicht mehr sauber bekommen. Die Duschwanne war nicht mehr weiß, sondern gelb gefleckt. Die ganze Toilettenschüssel war voller Urinspuren, die schon fast braun waren. Hinzu kam ein ekliger Gestank. In den Ecken lagen eingerollte Slipeinlagen auf dem blanken, staubigen Asphaltboden. Der Putz fiel von den Wänden, an der Decke schimmelte es und überall waren Spinnen. Bei dem Anblick wurde uns schlecht. In die Dusche hätten wir niemals einen Fuß gesetzt.
Die Stimmung sank von Minute zu Minute. Und das lag nicht daran, dass wir nicht mehr miteinander reisen wollten. Wir hatten sogar in der schmutzigsten Situation noch Spaß und machten ein Ekel-Selfie. Schon in der Nacht kam es zur Sprache, die Ranch sofort am nächsten Morgen zu verlassen. Wären wir nicht irgendwo im Nirgendwo gewesen, wären wir wahrscheinlich sogar auf der Stelle gegangen. Deswegen packten wir uns in unsere Mikrofaserhandtücher und verzichteten auf die abendliche Hygieneroutine. Samt Straßenklamotten gingen wir ins Bett und froren die ganze Nacht. Die war zum Glück nicht allzu lang. Schon um fünf Uhr morgens klingelte unser Wecker. Der Grund: Das WLAN war nur von fünf bis sieben Uhr angeschaltet. Wir brauchten es einfach dringend, um einen Plan auszuarbeiten und zu wissen, was wir tun würden.
Kurz nach halb acht begann unsere „Flucht“. Da wir weder Linda noch Richard finden konnten und die anderen Volunteers anscheinend schon arbeiteten, legten wir einen Zettel in die Küche. Dort erklärten wir, dass wir die Ranch verlassen wollten, weil wir uns einfach unwohl fühlten. Da wir keinen Handyempfang hatten und das WLAN auch wieder abgeschaltet war, konnten wir kein Taxi rufen. Uns blieb also nichts anderes übrig, als in die nächstgelegene Stadt zu laufen. Und das mitten durch den Wald und mit unseren 13 Kilo schweren Rucksäcken auf dem Rücken. Immer wenn ein Auto von hinten oder vorne kam, bekamen wir leichte Panik. Wir hatten Angst, dass Linda oder Richard uns nachfahren würden. Wir hatten nach der Horrornacht einfach keine Lust, mit ihnen zu diskutieren. Nach gut zehn Kilometern und zwei Stunden Wandern hielt plötzlich ein Auto neben uns. Eine fremde Amerikanerin stieg aus, überrollte uns mit einem Schwall von Worten und schon saßen wir in ihrem Auto. Und das obwohl wir doch nie in ein fremdes Auto einsteigen wollten…
Schreibe einen Kommentar