Dorothea und John, Ihr seid zwei Jahre lang durch den Westen der USA gereist. Was war das für ein Gefühl, seine Heimat, Freunde und Wohnung für solch eine lange Zeit zu verlassen?
Das war für uns beide überhaupt kein Problem. Vielleicht sind wir da etwas merkwürdig! Allerdings haben wir beide keine Familie in Deutschland und auch kein Haus, um das wir uns kümmern müssten. Nach unserer Wohnung hat ab und zu ein zuverlässiger Nachbar geschaut.
Wie war es dann, zwei Jahre einfach nur für sich zu haben?
Einfach nur herrlich!
Das klingt nach einer tollen Reise. Wie seid Ihr überhaupt auf die Idee gekommen, für so eine lange Zeit wegzugehen?
Wir waren in der glücklichen Lage, eine zweijährige berufliche Auszeit zu haben. Wir wollten diese Gelegenheit nutzen, die Dinge zu tun, die uns liegen: wilde Natur, Wandern und das einfache Leben genießen.
Was machte für Euch den Reiz aus, in die USA zu reisen?
Die Mischung von guter Infrastruktur in Bezug auf Outdoor und abgelegener Wildnis. Es ist leicht, in die Einsamkeit zu kommen
Wie ließ sich das genau umsetzten?
Durch den Kauf eines nach unseren Wünschen ausgestatteten Vans. Wir verzichteten dabei bewusst auf jeden Schnickschnack. Kurzum, wir hatten ein minimalistisches, immer ordentliches, sauberes und zuverlässiges Fahrzeug. Eine große Solarzelle auf dem Dach schaffte uns die erforderliche Unabhängigkeit.
War die Planung im Vorfeld sehr aufwendig?
Schon etwas. Wir haben ein Jahr vor der Abreise angefangen zu planen. Dabei ging es hauptsächlich um die Bestellung und Ausrüstung des Autos und die Strategie, sich von der Heimat abzumelden. Wir mussten viele Dinge rund um das Thema Post, Wohnung, Bank, Steuer oder auch Krankenversicherung regeln. Dies war auch aufwändiger als wir dachten! Aber letztendlich hat alles sehr gut geklappt.
Was für Ausrüstung habt ihr mitgenommen?
Aus Deutschland sehr wenig. Jeder hatte zwei Gepäckstücke ohne Übergewicht mit notwendigen persönlichen Dingen dabei. Den Rest, wie die Campingausrüstung, haben wir in den USA gekauft.
Was sollte jeder Reisende mitnehmen, der eher als Backpacker reist?
Es kommt natürlich darauf an, wie die Reise aussehen soll. Also ob man Wildnis-Camping machen möchte oder nur Wochenendausflüge machen möchte. Natürlich muss jeder beachten, auf was für klimatische Bedingungen er sich einstellen muss. Mücken-, Sonnen- und Kälteschutz sind auf jeden Fall sehr wichtig. Jeans sind aus unserer Sicht für Backpacking nicht geeignet. Sie sind schwer und voluminös, trocknen zu langsam und haben zu wenige Taschen. Dann ist es noch ratsam, Informationsmaterial über das Reiseziel mitzunehmen. In den USA ist eine Kreditkarte (VISA oder MasterCard) unerlässlich.
Auf Eurer Reise durch die Abgelegenheit lauerten ja auch Gefahren, wie wilde Tiere. Wie seid Ihr damit umgegangen?
Bei wilden Tieren muss man das richtige Verhalten erst lernen. Am besten informiert man sich vorher und befolgt diese Ratschläge ganz genau. An den Rangerstationen gibt es immer viel Infomaterial. Die Informationen darin sind eigentlich immer zutreffend. Generell sollte man sich Wildtieren aber am besten gar nicht erst nähern und Lebensmittel und Kosmetika nie im Zelt oder draußen aufbewahren. Das lockt sie nämlich an. Und wenn sie einem dann doch begegnen, sollte man auf keinen Fall joggen oder rennen, das weckt den Beuteinstinkt von Raubtieren. Außerdem sollte man immer schauen, wohin man tritt. Denn Klapperschlangen sieht man sehr schlecht. Wir haben aber auch gelernt, giftige Pflanzen zu erkennen.
Können die denn so gefährlich sein?
Selbst wenn man an manchen nur vorbeistreift, hat man ganz schlimme und behandlungsbedürftige Hautreaktionen. Daher unser Tipp: Lange Hosen anziehen und nicht mit den Händen in die Augen fassen, falls man mit giftigen Pflanzen in Berührung gekommen ist.
Wie sieht es eigentlich mit Ärzten in entlegenen Gebieten aus?
Auch in kleineren Orten gibt es den Urgent Care für Notfälle. Dort kommt man gleich dran, muss allerdings mit Kreditkarte zahlen. Die Notrufnummer für die ganze USA lautet 911. Vor der Reise sollte jeder Reisende auf jeden Fall seine Tetanusimpfung aktualisieren.
Auch andere Menschen hätten für Euch zur Gefahr werden können. Wie seid ihr damit umgegangen?
In Stadtnähe haben wir schlechte Viertel auch tagsüber gemieden. Komische Situationen sollte man auch immer ernst nehmen und sofort den Ort verlassen. Allgemein gilt: Immer achtsam sein. Taschendiebe sind seltener als in Deutschland, Gewaltverbrechen jedoch häufiger. In einer unbekannten Gegend sollte man auch auf keinen Fall warten, bis es dunkel ist. Vorsichtig sein muss man auch bei Autofahrern. Die sind generell nicht an Fußgänger gewohnt und missachten oft auch Zebrastreifen und eventuell sogar Fußgängerampeln.
Was waren die Highlights Eurer Reise?
Die Begegnung mit den zwei Berglöwen in der High Sierra Kaliforniens. Wir waren nur zwei Meter von ihnen entfernt. Außerdem haben wir viele Klapperschlangen und Bären, ein Gila-Monster, einige sehr schöne Füchse, viele Wale und Meeresschildkröten gesehen. Was auch sehr beeindruckend war, waren die Gletscher und Gletscherseen, der Regenwald und die zehn Meter hohen Wellen auf Kanuai. Eine zehntägige Wanderung, bei der wir 160 Kilometer zurückgelegt haben, bleibt uns auch für immer in Erinnerung.
Was war so besonders daran?
Wir sind dabei durch die High Sierra gewandert und nur fünf Menschen begegnet, dafür aber auch fünf Bären. Die Einsamkeit war toll. Wir haben aber auch so viele Freundschaften schließen können und eine so schöne Zeit mit Menschen verbracht, die wir unterwegs kennengelernt haben.
Was würdet Ihr anderen USA-Reisenden nicht empfehlen?
Städte, längere Aufenthalte in Touristenzentren aller Art und Städte, die unmittelbar im Grenzbereich zu Mexiko liegen.
Wenn Ihr, wie wir, nur drei Wochen Zeit zum Reisen hättet, was würdet Ihr Euch ansehen?
Süd-Utah und dort vor allem das Escalante-Gebiet. Dann den Grand Canyon, die High Sierra Kaliforniens und die wilde Pazifikküste im Nordwesten.
Habt Ihr zum Schluss noch Tipps für uns als USA-Reisende?
Was Ihr unbedingt haben müsst, ist wie gesagt eine Kreditkarte. Dann solltet ihr überprüfen, ob durch die Kreditkarte auch eine extra Autoversicherung und die Auslandskrankenversicherung mit abgedeckt sind. In den USA solltet ihr das Auto möglichst nicht am Flughafen mieten, sondern in der Stadt. Das ist dann teilweise um die Hälfte des Preises billiger. Verzichtet aber auf Billiganbieter. Bei der Unterkunft können wir nur raten: Nicht immer alles vorher reservieren. Outdoorsachen müsst ihr nicht unbedingt hier kaufen, das geht auch in den USA. Dann müsst ihr sie nicht mit ins Flugzeug nehmen. Kochsachen für den Alltag könnt ihr ohne Probleme bei Walmart kaufen. Für den Einkauf von Lebensmitteln könnt ihr euch in den Supermärkten eine Kundenkarte geben lassen, da könnt ihr dann eine ganze Menge Geld sparen.
Liebe Dorothea, lieber John, vielen Dank für das Gespräch!
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