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Aktuelle Seite: Start / Meine Zukunft / „Gemeinsam die Krise überwinden“ – Interview mit Oscár aus Spanien

„Gemeinsam die Krise überwinden“ – Interview mit Oscár aus Spanien

27. August 2012 von Lars Schäfers Kommentar verfassen

Seit einem Jahr lebt und arbeitet der Spanier Oscár Rodríguez Fernández in Deutschland, nachdem er in seiner Heimat trotz abgeschlossener akademischer Ausbildung keine Arbeit fand. Lars Schäfers fragte den jungen Politikwissenschaftler nach seinem Werdegang, wie er die Krise in Spanien erlebt hat und was er über die umstrittenen Finanzhilfen Deutschlands denkt.

© Oscár Rodríguez
© Oscár Rodríguez

Welche Gründe haben Dich dazu bewogen, Spanien zu verlassen?
Es war so, dass ich mich nach meinem Abschluss im Studienfach Politikwissenschaft und Verwaltung sechs Monate lang für verschiedene Stellen beworben habe und das nicht nur für Stellen, die meinem Fach entsprachen, sondern auch bei Callcentern und für Praktika. Dabei habe ich nur in meiner Region gesucht, habe aber nichts gefunden und Möglichkeiten für Weiterbildung gab es für mich auch nicht. 2008/2009 habe ich in Bonn ein Erasmus-Jahr verbracht und habe mir gedacht, vielleicht ist es gut wieder dort zu sein. Ich möchte hier mein Deutsch verbessern, einen richtigen Job finden und mich weiterbilden. Ich war schon immer gerne im Ausland in ganz Europa unterwegs, sodass es nicht nur an der Krise in Spanien liegt, dass ich nach Deutschland gekommen bin.

Wie gut ist es Dir gelungen, in Deutschland eine Arbeitsstelle zu finden und Dich hier einzuleben?
Sich hier einzuleben war nicht so schwierig, denn ich hatte bereits Sprachkenntnisse und kannte bereits einige Leute und hatte somit nicht die typischen Probleme von Menschen, die ins Ausland gegangen sind. Ich habe mich auch bereits an die deutsche Kultur und die Funktionsweisen der deutschen Gesellschaft gewöhnt. Eine Arbeit zu finden ist nicht so leicht und das ist wohl für alle jungen Menschen in ganz Europa so. Wenn du zudem Ausländer bist ist es noch schwieriger. Anfangs habe ich mehrere Praktika gemacht, wobei ich nicht so viel Geld verdient habe, sondern mich nur soeben selbst finanzieren konnte. Ich hoffe aber, dass es in der Zukunft besser wird für mich, denn hier in Deutschland habe ich die Chancen mich weiterzubilden, meine Sprachkenntnisse zu verbessern und Auslandserfahrungen zu sammeln, die mir auch bei meiner weiteren Karriere helfen. Ich arbeite auf jeden Fall lieber hier für weniger Geld, als in Spanien auf dem Sofa zu liegen und keine Chancen und Perspektiven zu haben.

Wie würdest Du die Lebens- und Arbeitsbedingungen für junge Menschen in Deutschland mit denen in Spanien vergleichen?

Durch das neue Sparpaket der spanischen Regierung wurden unter anderem die Stipendien für Studenten reduziert und die Studiengebühren in manchen Regionen erhöht. Dabei können viele Familien das Studium ihrer Kinder nicht finanziell unterstützen, da es leider viele Haushalte gibt, in denen beide Elternteile keiner Arbeit nachgehen. Mittlerweile ist über die Hälfte der jungen Menschen in Spanien arbeitslos. In Deutschland ist Bildung kostengünstiger und es gibt viel bessere Chancen für Studenten einen Nebenjob zu finden. Da die Wirtschaft hier stärker ist, haben Studienabsolventen bessere Chancen sowohl Praktika, als auch Arbeitsstellen zu finden. In Spanien sind alle Praktika von Studienabsolventen besetzt und für Studenten ist es deshalb fast unmöglich, ein Praktikum während des Studiums zu absolvieren. Da die Krise aber nicht der einzige Grund für mich war, Spanien zu verlassen, kann ich mir schon vorstellen wieder zurückzukehren; zurzeit jedoch, als junger Mann ohne eigene Familie, bin ich hier ganz zufrieden.

Wie stehst Du zu den Protestaktionen der sogenannten „Indignados“ (Empörten) in Spanien? Hast Du selbst an Demonstrationen teilgenommen, als Du noch dort lebtest?
Ja, ich war selbst in mehr als ein paar Demonstrationen. Ich war auch in der berühmten Demo vom 15. Mai, allerdings nicht in Madrid, sondern in meiner Heimatstadt A Coruña. Was mich sehr überrascht hat, war die Tatsache, dass die Demonstranten sehr gemischt waren. Es waren nicht nur die üblichen Leute aus der alternativen Szene. Es machten alle Altersgruppen mit, vom Kind bis zum Opa. Diese Bewegung vereint Menschen mit ganz verschiedenen Hintergründen, aber gemeinsamen Zielen: Ein besseres Kranken- und Sozialsystem, sowie bessere Bildung. Die Bewegung richtet sich unter anderem auch gegen die Banken und den Immobilienhandel, sowie gegen die Korruption. In manchen Regionen wurden nämlich seitens der Politiker sehr viele Steuergelder unterschlagen und für Immobilienspekulationen verwendet.

Der Deutsche Bundestag hat in einer Sondersitzung am 19. Juli mit großer Mehrheit der Gewährung von Finanzhilfen für Spanien zugestimmt. Das Darlehen zum Zweck der Rekapitalisierung der Banken wird bis zu 100 Milliarden Euro betragen können und wird von weiten Teilen der deutschen Bevölkerung sehr kritisch gesehen. Hältst Du diese Maßnahme für sinnvoll?
Ich finde es verständlich, dass viele Deutsche kritisch sind, denn es geht um ihr eigenes Geld. Sie fragen sich zu Recht, ob das Geld tatsächlich wirksam und nachhaltig investiert ist. In Spanien zum Beispiel wurde vor der Krise sehr viel Geld in die Bauindustrie investiert, was zu der Immobilienkrise führte. Es wurde nichts für eine bessere Zukunft des Landes getan, zum Beispiel durch Reform des Bildungs-, oder des Rentensystems. Die deutschen Bürger haben zu Recht Angst, dass ihr Geld nun nach Spanien, Italien oder Griechenland geht und nichts dabei zurückkommt. Was ich an Deutschland kritisiere ist, dass es keine Zinsenlast hat und günstigere Kredite bekommt, während Länder wie Spanien nur mit viel Hilfe überhaupt die Möglichkeit haben, an Kredite zu kommen. Jedoch halte ich es für eine Frechheit, wenn Politiker in Spanien oder Portugal einseitig Solidarität von Deutschland fordern, welche aber nur auf der Basis von Vertrauen geübt werden kann. Diese Länder müssen deshalb auch echte strukturelle Reformen anleiten und besonders auch die Korruption bekämpfen. Ich verstehe also die deutsche Perspektive und ich denke wir müssen versuchen, zusammen und mit gemeinsamen verbindlichen Regeln versuchen, diese Krise zu überwinden.

Was müsste Deiner Meinung nach in der EU politisch getan werden, damit es für junge Menschen in Spanien und in den anderen Krisenländern der EU wieder eine bessere Zukunftsperspektive gibt?
Einige deutsche Politiker sagen, dass es nicht nur um die Überwindung der Krise, sondern auch um neue Regeln für die Zukunft Europas durch verstärkte Zusammenarbeit bei der Wirtschafts-/ Fiskal- und Sozialpolitik gehen muss. Wenn wir eine gemeinsame Währung haben, muss auch in diesen Bereichen mehr zusammengearbeitet werden, damit die Unterschiede in den einzelnen Ländern nicht zu groß werden. Die EU-Länder können nur gemeinsam die derzeitige Krise überwinden. Für junge Menschen wäre die weitere Förderung der Mobilität durch die EU, wie z.B. durch Programme wie Leonardo oder Erasmus, wünschenswert. Außerdem sollte es weniger Hürden geben für junge Menschen, die ihr Abitur z.B. in Deutschland gemacht haben und ihr Studium dann in einem anderen EU-Land aufnehmen wollen.

Vielen Dank für dieses Interview, Oscár.


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Lars Schäfers

Lars Schäfers

Lars Schäfers stammt aus Wuppertal und hat Katholische Theologie an der Universität Bonn studiert. Seinen drei Leidenschaften Lesen, Schreiben, Denken geht er in Wissenschaft und Journalismus schwerpunktmäßig auf den Themenfeldern Soziales, Umwelt und Finanzen nach. Er ist seit Januar 2013 stellvertretender Chefredakteur von f1rstlife. Für alle Fragen rund um f1rstlife steht er gerne per Mail zur Verfügung: redaktion[at]f1rstlife.de.
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Über Lars Schäfers

Lars Schäfers stammt aus Wuppertal und hat Katholische Theologie an der Universität Bonn studiert.

Seinen drei Leidenschaften Lesen, Schreiben, Denken geht er in Wissenschaft und Journalismus schwerpunktmäßig auf den Themenfeldern Soziales, Umwelt und Finanzen nach.

Er ist seit Januar 2013 stellvertretender Chefredakteur von f1rstlife. Für alle Fragen rund um f1rstlife steht er gerne per Mail zur Verfügung: redaktion[at]f1rstlife.de.

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