Viele Fußballtalente wechseln in jungen Jahren zu den Juniorenmannschaften der Bundesligisten. Der Großteil schafft den steinigen Weg nicht. Unser Autor berichtet auch aus eigener Erfahrung über den Druck und die Schnelllebigkeit des Fußballgeschäfts für junge Fußballer.

Im Alter von dreieinhalb Jahren schnürte ich das erste Mal die Fußballschuhe, um am Training meines Heimatvereins teilzunehmen. Vielmehr muss man sagen, mir wurden zu diesem Zeitpunkt noch die Schuhe von meinen Eltern geschnürt. Bei zwei älteren Brüdern, die im gleichen Verein kickten, führte kein Weg daran vorbei, dass der Jüngste ebenfalls den Fußball zu seiner großen Leidenschaft macht. Ganz wenige Wochenenden gab es in meiner Kindheit, an denen ich nicht auf dem Fußballplatz stand. Jede Woche mit neuem Ehrgeiz, jede Woche mit dem Willen, sich zu verbessern, noch ein Tor mehr zu schießen und einfach zu gewinnen.
Unsere Mannschaft, in der nur Freunde aus Kindergarten und Schule spielten, war jedes Jahr im Titelrennen vorne mit dabei, musste sich jedoch bis auf ein Ausnahmejahr, immer dem Reviernachbarn geschlagen geben. Hauptsache, jeder der jungen Kicker hatte seinen Spaß. Doch ab wann steht nicht nur noch der Spaß im Vordergrund, wann wird auch jedem Einzelnen etwas abverlangt? Wie f1rstlife-Kollegin Linda Kleine-Nathland in ihrem Artikel „Kindheit ade, Fußball olé?“ berichtete, werden stets jüngere Spieler von Profivereinen verpflichtet, um – wie es heißt – „langfristig“ planen zu können. Allerdings muss man hinterfragen, wie lange denn das Wort „langfristig“ Bedeutung hat. Bis das Talent sein erstes Formtief erreicht hat? Bis ein besseres Talent gescoutet wird? Oder bis sich der Jugendspieler seine erste Verletzung zuzieht und somit in Trainingsrückstand gelangt?
Vom Freizeit- zum Vollzeitkicker
Etliche Beispiele lassen sich als Antwort auf diese Fragen nennen. Aus meiner persönlichen Erfahrung und vielen Gesprächen mit Gleichaltrigen, die in den Jugendmannschaften von Bundesligavereinen angeheuert bzw. vertragliche Angebote unterbreitet bekommen haben, spielt die Gesundheit eine entscheidende Rolle in einer jungen Fußballerkarriere. Zwei Jahre spielte ich selbst in der zweithöchsten Spielklasse der Junioren leistungsbezogen Fußball. Der Zeitaufwand nahm aufgrund vermehrter Trainingseinheiten und längeren Auswärtsfahrten zu. Doch der entscheidende Unterschied zum Fußball als Freizeitsport ist die gesundheitliche und körperliche Belastung. Sicherlich, Bewegung kann dem Körper nur gut tun, jedoch geht nicht jeder Körper den Weg mit, den der Kopf des Fußballers gerne gehen würde. So entwickeln sich in jungem Alter bei Fußballern oft Schmerzen in Rücken und Knie, die auf die hohe Überbelastung des Körpers zurückzuführen sind.
Um die Talente und Fußballstars von morgen vor jeglichen Problemen dieser Art zu schützen, investieren Proficlubs seit Jahren vermehrt in die medizinische Abteilung. Die Gesundheit unserer jungen Talente und zukünftigen Stars steht an erster Stelle, heißt es meist. Jedoch die Chance auf eine vollständige Genesung, sich anschließend erneut an die Mannschaft heran zu kämpfen und sich auf ein Neues zu beweisen, wird dem Spieler selten in Aussicht gestellt. In den häufigsten Fällen reicht die Begründung des Trainingsrückstands oder der mangelnden Belastbarkeit nach der Verletzung, um dem motivierten Spieler zu erklären, dass es für ihn kein Platz im Kader mehr gibt. Zu diesem Zeitpunkt hat sich der Verein meistens bereits ein neues Talent gesucht. Zwei Beispiele aus engsten Kreisen verdeutlichen die Kurzlebigkeit des Fußballgeschäfts bereits im leistungsbezogenen Juniorenbereich.
Einmal und nie wieder
Sebastian (Name geändert) spielt bei seinem Verein als Kapitän eine herausragende Saison, wird Meister und zieht mit seiner Mannschaft ins Pokalfinale ein. In der folgenden Spielzeit wird er von einer A-Junioren Bundesligamannschaft kontaktiert und zum Probetraining eingeladen, damit sich der interessierte Verein ein genaues Bild seiner Fähigkeiten machen kann. Leider verletzt sich Sebastian in der Woche bevor er zum Probetraining erscheinen soll und ein weiteres Angebot bleibt aus, obwohl vorher großes Interesse bestand.
Ähnlich wie Sebastian ist es Lars ergangen. Er spielte sogar eine halbe Saison lang in einer Junioren-Bundesligamannschaft. Während eines Meisterschaftsspiels stürzte er unglücklich auf seinen Unterarm, brach sich Elle und Speiche und bekam nach seiner Genesung keine zweite Chance aufgrund des wie bereits erwähnten Trainingsrückstands. Daher legte man ihm ans Herz den Verein zu wechseln und so schnell war der Traum der professionellen Fußballkarriere dahin geschmolzen. Diese Beispiele zeigen erneut, welch starken Einfluss die Gesundheit und das Verletzungspech auf eine erfolgreiche Profikarriere im Fußball haben. Das größte Leid, durch die Verletzung und die Enttäuschung über die Ausbootung aus dem Kader, erfahren die jungen Spieler in diesen Fällen sogar doppelt. Die Vereine jagen derweil das nächste Talent, welches hoffentlich nicht den Spitzamen trägt: „Fußball olé, Gesundheit oh weh?“
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