Zugegeben, Throne werden in der katholischen Kirche nicht vergeben. Jedoch wird vermehrt auf die sogenannte Machtfrage innerhalb der Kirche geantwortet, dass Nichtgeweihte und somit auch Frauen Leitungsämter innerhalb der Kirche innehaben könnten. Dies ist allerdings nur ein mittelfristiges Ausweichmanöver, meint unser Autor. Ein Kommentar.

Die unsichtbare Macht der Hauptabteilungen
Bei einem Diskussionsforum mit der innerkirchlichen Reforminitiative „Maria 2.0“ in Münster hat laut Berichten der Bistumszeitung „kirche und leben“ ein Weihbischof darauf aufmerksam gemacht, dass die eigentliche Macht der Bistümer nicht bei den (Weih-)bischöfen liege, sondern die Entscheidungen vielmehr bei den Hauptabteilungsleitern der Diözese getroffen werden. Dies seien in Münster häufig Laien, aber aktuell ausschließlich Männer – hieße im Umkehrschluss: Es könnten allesamt Frauen sein.
Es müsse nicht immer um die Weihe gehen, wenn es um Beteiligung an Leitung gehe, hört man von Kirchenleuten. So äußerten sich etwa die Bischöfe Bätzing aus Limburg während eines FFH-Interview oder auch Erzbischof Koch von Berlin im Morgenmagazin des ZDF. Schließlich seien verschiedene Abteilungen mit angegliederte Personalverantwortung schon heute von Frauen geleitet und verantwortet.
Und tatsächlich bestimmen die Hauptabteilungsleitungen der Bistümer in vielen Bereichen mit. Im Einsatz der Priester und Laientheologen in den Pfarreien etwa, beim Zuschnitt der Pfarreien, bei der Zuordnung des Personals nach Schlüsseln und Quoten und der Verarbeitung von Gehalt und so weiter. Da die Kirchensteuereinnahmen in Deutschland im katholischen Bereich an die Bistümer fließen und nicht in den Kirchgemeinden verbleiben, hat eine entsprechende diözesane Finanz(haupt)abteilung mit ihrer Stimme erhebliches Gewicht.
Die kirchliche Verwaltungslandschaft ist uneinheitlich, aber verwaltet wird viel
Diözesane, also bischöfliche, Hauptabteilungen tragen landauf landab verschiedene Namen und sind je anders strukturiert. So spricht das Bistum Magdeburg von „Fach-„ bzw. „Prozessbereichen“, München von „Ressorts“, Trier von „Strukturbereichen“, Berlin gar nur von „Bereichen“, Mainz und Limburg von „Dezernaten“. Hamburg begnügt sich mit „Abteilungen“. Und dort tauchen sie auf, die weiblichen Führungsfiguren. Es ist schwierig, anhand der unterschiedlichen Größe, Katholikenzahl und Finanzkraft die Hauptabteilungen zu vergleichen. Auch ändern sich Zahl und Zuständigkeit je nach Bistum. Konstanten wie „Seelsorge“ oder „Personal“ findet man allerdings überall. Nimmt man die jeweils höchste Verwaltungsebene der deutschen Bistümer, kommt man auf 189 solcher Leiter und Leiterinnen, unter ihnen sind 41 Frauen und entsprechend 148 Männer. Hinzu kommen natürlich noch einmal für jedes Bistum, bzw. Erzbistum ein Generalvikar und der jeweilige Bischof, bzw. für das Offizialat Vechta, der Offizial. Somit kämen zusätzlich noch einmal 56 Männer hinzu. Die Frauenquote in der obersten Leitung der deutschen Bistümer ist somit bei etwa 17% anzusiedeln.
Diese Anzahl an leitenden Kirchenangestellten scheint erheblich, wirkt aber realistisch, wenn man betrachtet, wie groß die Generalvikariate mitunter sind. Für ein mittelgroßes Bistum wie Osnabrück sind es schon über 300, in Paderborn schon gut 600. Der größte Bereich kirchlichen Personals, die Caritas, mit ihren über 600.000 Mitarbeitern ist oftmals noch gar nicht im Organigramm einer bischöflichen Verwaltung mit hinein berechnet.
Frauen leiten Bistümer?
Es gibt inzwischen Bistümer, in denen verhältnismäßig viele Frauen Spitzenpositionen einnehmen, wie etwa in Trier oder München, auf der anderen Seite stehen Diözesen wie Würzburg, in dem keine Frau eine solche bekleidet, oder Freiburg, in dem lediglich eine von zehn Top-Positionen weiblich besetzt ist.
Das Mentoring-Programm für weibliche Führungskräfte des katholischen Hildesgardis-Vereins bemüht sich gezielt um Frauenförderung innerhalb der katholischen Kirche Deutschlands. Und die hat sich 2023 das Ziel gesetzt, 30% der Dezernatsposten mit Frauen zu besetzen. Tatsächlich scheitert diese Quote aktuell auch daran, dass Frauen sich seltener auf Spitzenpositionen bewürben, so der Osnabrücker Bischof Dr. Franz-Josef Bode. Die Zahlen, auf die sich das Mentoring-Programm noch letztes Jahr selbst in einem Interview gegenüber dem Kölner Domradio stützte, gaben an, dass man davon sowohl auf der mittleren (aktuell 23%) wie auf der oberen Ebene noch entfernt sei.
Der sogenannte gläserne Deckel
Dennoch fällt in diesem Bereich der Begriff des gläsernen Deckels. Denn bei aller Bewerbungsfreudigkeit wird es weiblichen Interessenten verhindert bleiben, die absoluten Spitzenpositionen zu erreichen, weil diese wirklich von Genderpolitik und -quotierung losgelöst sind, nämlich die der Leitung von Pfarreien, die durch Priester geschieht und die der Bistümer, die durch Bischöfe erfolgt. Grund dafür ist der Ausschluss aller Frauen von den Weiheämtern der katholischen Kirche.
Und auch der „kleine Schritt“ Richtung Hauptabteilungsleiterin ist kein langfristiger Erfolg oder gar ein Etappenziel. Besetzt eine Diözese eine Hauptabteilung mit einem Domkapitular, was klassischerweise die Regel war, so entstehen ihr durch Konkordate überhaupt keine Kosten. Ein Laie, egal ob männlich oder weiblich, kostet eine Diözese erhebliche Summen, weil auch katholisches Spitzenpersonal an die höhere Besoldungsordnung des kirchlichen Dienstes angegliedert ist, die wiederum jener des öffentlichen Dienstes angelehnt ist.
Die Kirchensteuer fließt nicht ewig
Tatsächlich muss gesehen werden, dass in ärmeren Ländern die Leitungsmöglichkeiten für Laien und damit notwendigerweise für Frauen viel begrenzter sind als in Deutschland. Wenn kein Generalvikariat mit 500 Mitarbeitern vorhanden ist, sondern lediglich 5 Leute beschäftigt werden, braucht es neben dem Generalvikar, der immer ein Priester ist, keine Hauptabteilungen und dementsprechend keine Hauptabteilungsleitungen. Wo es in der Fläche keine Jugend- oder Religionspädagogikfachstellen gibt, werden diese auch nicht durch (einen potenziellen Laien) geleitet.
Glaubt man einer Freiburger Studie über die kirchliche Zukunft in Deutschland, liegen die Kirchensteuereinnahmen bei halbierter Katholikenzahl zwar 2060 immer noch auf dem Niveau von 2018 – allerdings nur nominell. Von ihrer Kaufkraft her kann man, so der Tagesspiegel vom Mai dieses Jahres, von einem Verlust von über 50% aufgrund höherer Unterhaltskosten für Gebäude und Personalkosten für Mitarbeiter ausgehen. Für das Bistum Münster etwa hat der Generalvikar schon verkündet, dass der Haushalt 2021 das letzte Mal ausgeglichen sein wird.
Angesichts dieser Zahlen sind die Aspirationen von Frauen zu Leitungsämtern in der Kirche, die kirchensteuerfinanziert sein werden, über den Verwaltungsweg also eher Luftschlösser. Den Damen bliebe noch die durch öffentliche Gelder refinanzierte Caritas, ein Bereich, in dem schon heute sehr viele Frauen in direktiven und leitenden Ämtern arbeiten. Ohne den Zugang zu Weiheämtern allerdings wird es für Frauen langfristig aber keine Option sein, ein Leitungsamt innerhalb der katholischen Kirche deutschland- wie weltweit zu finden.
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