Jährlich treten die besten Nachwuchsingenieure in der Formula Student gegeneinander an: Das Ziel ist es, einen innovativen und zukunftsweisenden Rennwagen zu bauen, um die Möglichkeiten unserer Mobilitätszukunft zu demonstrieren. Simon Effing hat eMotorsports Cologne, dem Rennteam der TH Köln, für f1rstlife einen Besuch abgestattet.
Die Formula Student ist ein jährlicher, internationaler Konstruktionswettbewerb für studentische Rennteams. Dabei geht es für die Teilnehmer vor allem darum, einen Praxisbezug zwischen Studium und eigener Arbeit herzustellen, industrienahe Erfahrungen aufzubauen und natürlich, die eigene Liebe zu Autos und Technik auszuleben. In mehreren Läufen auf bekannten Rennstrecken Europas (Lauf Deutschland: 08. bis 13. August 2017 auf dem Hockenheimring) wird schließlich ein Gesamtsieger aus verschiedenen Kategorien ernannt. Dabei werden die Fahrzeuge mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren und die elektrisch betriebenen Fahrzeuge getrennt bewertet. Der Wettkampf wird jedoch nicht nur auf der Rennstrecke ausgetragen: Die Teams müssen auch mit ihren Präsentationen über Kosten, Design und Geschäftspläne überzeugen.
Die Fahrzeuge sind in der Regel komplette Eigenkonstruktionen, was eine sorgfältige Planung, eine Teamstruktur mit klarer Aufgabenverteilung und Spontanität bei auftretenden Problemen verlangt. So steht jedes Team zu Anfang der Saison vor der Frage, ob ein Evolutionskonzept, also die Weiterentwicklung des Vorjahresfahrzeugs, oder eine komplette Neukonstruktion in Angriff genommen werden soll. eMotorsports Cologne hat sich nach ausführlicher Analyse der letzten Saison für Zweiteres entschieden. Für den kompletten Entwicklungsprozess des Fahrzeugs stand deshalb nur weniger als ein Jahr zur Verfügung. Nachdem die grundlegende Zielsetzung also abgeschlossen ist, wird analysiert und geforscht, um gut vorbereitet in die Konstruktionsphase übergehen zu können. Dabei wird jedes einzelne Bauteil von den zuständigen Teammitgliedern komplett am Computer konstruiert, berechnet und dessen Wirkung anschließend simuliert. Wenn die Simulationen erfolgversprechend ausfallen, werden die Bauteile bei den Zulieferern und Sponsoren bestellt, häufig als individuelle Einzelanfertigung. In dieser Phase des Projekts sind insbesondere die kaufmännischen Fähigkeiten des Teams gefragt, da industrielle Kooperationen eingegangen werden müssen, Sponsoren und Unterstützer gesucht werden müssen und letztlich ein Überblick über das Gesamtbudget gehalten werden muss.
Im Anschluss daran und nach erfolgter Lieferung der Teile wird der Rennwagen montiert; diese Phase des Projekts ringt den Teilnehmern häufig auch die letzten Stunden Schlaf ab, da immer wieder kleine Komplikationen auftreten können, welche jedoch für den Gesamtfortschritt starke Auswirkungen haben könnten. Nicht selten wird deshalb auch Tag und Nacht gearbeitet und der wenige Schlaf in den Räumlichkeiten des Teams nachgeholt. Nach erfolgter, feierlicher Vorstellung des fertigen Wagens für Sponsoren und Öffentlichkeit beginnen die zahlreichen Testevents, um das Fahrzeug erstmals in Realität auf dem Asphalt abstimmen und optimieren zu können. Somit besteht ein äußerst knapper Zeitplan, um das Fahrzeug für die alles entscheidenden Wettbewerbe konkurrenzfähig zu gestalten.
Die verschiedenen Fahrzeuge, welche schließlich auf der Strecke um den Sieg kämpfen, können sich dabei in den technischen Details stark unterscheiden, dies muss schon im Laufe der Entwicklungsphase entschieden werden: Beispielsweise hat sich eMotorsports Cologne in dieser Saison für einen Allradantrieb statt Heckantrieb entschieden, was neue konstruktive Herausforderungen mit sich bringt. Weitere Neuerungen sind eine kleinere Felgengröße, ein nur noch 24kg wiegende Fahrerzelle, ein speziell konstruiertes Planetengetriebe und noch einiges mehr. Allein in aerodynamische Simulationen der Front-, Seiten- und Heckspoiler und des Unterbodens wurden 45.000 Stunden investiert.
Letztlich ist die Formula Student nicht nur eine Realisierung alternativer Fahrzeugkonstruktionen, sondern für die erfolgreich Beteiligten ein Sprungbrett in die Entwicklungsabteilungen der größeren Fahrzeughersteller und -zulieferer. Das technische Know-how, der richtige Umgang mit zeitlichem Druck und ein gutes Teamklima sind von existenzieller Bedeutung für den Erfolg des Projekts, und auch bei späteren Arbeitgebern gerne gesehen. Vor allem bietet die Formula Student jedoch eine extrem wertvolle und zukunftorientierte Plattform für Forschung und Industrie, sich europaweit über neueste Konzepte zur Mobilität der Zukunft auseinanderzusetzen und zeigt abgesehen von den genannten Faktoren auch, dass Elektromobilität keineswegs eine langweilige Angelegenheit ist.
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