Sport ist eine Freizeitbeschäftigung, keine Frage. Doch wenn wir ihn nur als Ausgleich sehen, vergessen wir oft die Menschen, Aufgaben und Planungen, die hinter einer Sportveranstaltung stecken. Das Engagement im Sportverein nimmt ab – und lässt die Frage zu, ob wir einen Sportverein für fünf Euro Mitgliedsbeitrag im Monat eben doch nur egoistisch nutzen, um unsere eigenen Bedürfnisse zu stillen.

Sport hat in unserer heutigen Gesellschaft einen hohen Stellenwert eingenommen. Es gibt beispielsweise diverse Lifestyle-Magazine und TV-Formate, die sich nur noch mit den perfekten Workouts für die perfekte Figur beschäftigen. Hat der Sport in der Gesellschaft also nur noch einen optischen Reiz? Einsames Laufen auf dem Laufband, ein gequältes Gesicht beim Bankdrücken oder lautes Stöhnen an der Bizepsmaschine ist Hauptbestandteil des Trainings der neuen Fitnessgeneration. Für die Meisten hat das nichts mehr mit Spaß zu tun, es ist vielmehr harte Arbeit. Allerdings muss das nicht so sein. Sport kann auch Spaß machen, weiß Sylvia S., die stellvertretende Vorsitzende eines lokalen Sportvereins, die auch noch Abteilungsleiterin der Jugend und Übungsleiterin ist. Ob Gymnastik, Pilates, Aerobic, Badminton oder Turnen – ihr Verein bietet ein breit gefächertes Angebot. Einsamkeit kommt da nicht in Frage: „Die Arbeit im Verein bedeutet für mich Gemeinschaft. Wir haben Angebote für jede Altersklasse. Hier kann ich sowohl mit Kindern, als auch mit Erwachsenen zusammenarbeiten. Ich habe verschiedene Aufgaben und jede fordert mich auf eine andere Weise. Manchmal würde ich mir jedoch wünschen, dass ich das ein oder andere Mal etwas Arbeit abgeben könnte.”
Vereinsarbeit fördert soziale Kompetenzen
Doch um Arbeit abgeben zu können, müssen Mitglieder vorhanden sein, die sie abnehmen. Darin liegt das größte Problem in der Vereinsarbeit. Oft lassen sich nur Wenige finden, die sich dazu bereit erklären, ihre Freizeit einem Verein zu widmen. Dabei ist Engagement gerade in einem Sportverein wichtig – vor allem im Jugendbereich. „Bei uns liegt die Priorität auf der sozialen Entwicklung unserer Kids. Sportlicher Erfolg ist zwar schön und gut, aber wenn die soziale Komponente im Sport auf der Strecke bleibt, hat das alles keinen Sinn”, sagt Sylvia S. und betont: „Zusammenhalt, Rücksicht und Hilfsbereitschaft sind nur ein paar Beispiele für Werte, die wir vermitteln.” Für fünf Euro im Monat können Kinder alle Angebote wahrnehmen, die der Verein anbietet. Umgerechnet sind das sechzig Euro pro Jahr und damit umgerechnet ziemlich wenig für die Leistungen, die angeboten werden. Und trotzdem scheint das den Meisten nicht zu reichen: Sie wollen immer mehr für ihre kleine Investition. Es scheint, als würde das Sportangebot als Dumpingpreis angesehen werden, den es auszunutzen gilt. Dadurch bleibt die Wertschätzung für das Engagement von Übungsleiter und co. auf der Strecke.
Dass der eigene Nachwuchs, durch die Teilnahme an Kursen, mit anderen Kindern in Kontakt kommt, sein Selbstvertrauen stärkt und dabei noch ein sportliches Angebot wahrnehmen kann, wird ebenfalls ignoriert. Das wirtschaftliche Denken ist auch in der Vereinsarbeit vorrangig. Wie erreiche ich mit dem geringfügigsten Aufwand die größte Ausbeute? Im übertragenen Sinne also auch: Wie kann ich mein Kind vielfältig beschäftigen und gleichzeitig wenig bezahlen bzw. wenig dafür tun? „Ein solches Denken ist schädlich für den Verein”, bestätigt Sylvia S. „Diese Art zu denken gilt allerdings auch für den Seniorenbereich. Man sieht die Teilnahme an Sportkursen als Freizeit an, was an sich nichts Verwerfliches ist. Es kann jedoch nicht sein, dass alle Arbeit an wenigen Beteiligten hängen bleibt. Ein bisschen Engagement von jedem Mitglied außerhalb des Kurses – sei es auch nur eine Kleinigkeit – würde reichen, um ein besseres Klima zu schaffen.”
Wenig Aufwand für einen großen Zweck
Kleinigkeiten zu übernehmen und so große Aufgaben in kleinere zu zerkleinern, die dann an mehrere Mitglieder verteilt werden, kann so einfach sein: Bei der Organisation von alljährlichen Veranstaltungen zum Beispiel, wie einem Sommerfest, gibt es verschiedene Gebiete abzudecken. Es müssen Musik organisiert werden, die Verpflegung der Gäste gewährleistet- und Aktionen vorbereitet werden. Für eine handvoll Personen ist dies eine fast unüberwindbare Hürde, da die Menge der zu erledigenden Aufgaben viel zu hoch ist. Wer kann schon gleichzeitig Kuchen verkaufen und dabei noch ein Spiel für die Gäste moderieren? Könnte man jedoch diese Aufgaben auf mehrere Personen verteilen, wäre der Aufwand überschaubar, der für jeden zu betreiben ist. Es fängt beim Auf- bzw. Abbau von Tischen, Bänken und Stühlen an und geht bis zu einer Schicht an der Kuchentheke. Jeder kann sich auf seine Weise engagieren. Die Möglichkeiten sind dabei kaum begrenzt. So einfach kann eine brauchbare Lösung aussehen. Jedes Vereinsmitglied, ob in Schwimm-, Turn- oder Boxverein, sollte sich einmal fragen, ob es nicht ein wenig Freizeit bereitstellen kann, um ein solches Teilstück in die eigenen Hände zu nehmen. Jeder Sportverein sollte seinen Mitgliedern klar machen, dass Engagement zu zeigen sinnvoll ist und dass dadurch größere Erfolge möglich sind. Denn: Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das können Viele erreichen.
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