„Wir halten jetzt noch zwei Stunden durch und dann kriegen wir den Ehrensold“, witzelte Barbara Schöneberger in Anspielung auf Ex-Bundespräsident Christian Wulff und auch in Richtung des neuen Staatsoberhaupts gab es einen Kommentar: „Was für ein schöner Donnerstag“. Doch ob der Donnerstagabend auch für die Fernsehzuschauer ein schöner gewesen ist, sei dahingestellt. Der einstige Echo-Glamour ist versiegt, dabei bemühten sich die beiden Moderatorinnen, mit Witz und Charme zu überzeugen.
Doch was auf der Couch über die Flimmerkiste ankam, war eine sich wie Kaugummi dahin ziehende Show, die die die beiden professionell aufgekratzten Blondinen mit einem Skandal aufzupeppen versuchten: Zungenkuss und Popoklatscher à la Madonna und Britney. Was ein Aufreger… Ansonsten plätscherte der Abend dahin. Altstars reihten sich an Newcomer, jeder Musikstil kam irgendwann einmal dran, schließlich ist der Echo nicht viel mehr als ein Abend für die Tonindustrie: „Das Ganze basiert natürlich auf Verkaufszahlen“, schlussfolgerte Schöneberger wie nebenbei und natürlich – es sind Verkaufszahlen, die die Künstler zu wirklichen Stars machen, nicht ihre gute oder weniger gute Musik.
Der große Funke sprang nicht über
Für jeden war wirklich etwas dabei, damit der ARD-Familienunterhaltungsabend sowohl Großmutter als auch ihre Enkel anspricht. „Silbermond“ wechselte sich auf der Bühne ab mit dem Star-Pärchen Christina Perri und Jason Mraz, die ebenso seicht daher sangen wie Marilyn Manson als Ersatzfrontmann von „Rammstein“ nicht wirklich den Rüpel Till Lindemann ersetzen konnte. Der große Funke im Berliner Palais am Funkturm sprang nicht über. Das erkannten auch die Moderatorinnen: „Bevor Sie noch ganz auf der Couch zusammensacken“, kündigte Barbara Schöneberger an und Ina Müller huldigte die Band „Kraftclub“ mit den Worten: „Das ist endlich mal Musik, die beim Bügeln stört!“ Ein durchaus als Kommentar auf die mitunter geradezu zum Wegnicken ausgesuchte Musikauswahl gemeint.
Echtes Statement von „Rosenstolz“ und Lindemann
Nur ganz flüchtig kam die für Ina Müller bekannte „Kodderschnauze“ heraus, als sie ihren zweiten Echo, den sie für ihr neues Album „Das wär dein Lied gewesen“ als beste Künstlerin Rock/Pop erhielt, all ihren „Ex-Freunden und flüchtigen Affären“ widmete, „denn ohne Euch, Jungs, hätte es diese CD und damit den Echo nie gegeben.“ Ansonsten blieb der Echo als deutsche Antwort auf die Grammys und die Brit Awards recht farblos. Zwar wurde alles, was im Musikbusiness einen Namen hat und nicht selbst auf der Bühne „performte“, im Publikum gezeigt, per Video eingespielt oder wenigsten erwähnt – doch ein echte Statement gaben nur Till Lindemann sowie Anna R. und Peter Plate von „Rosenstolz“ ab. Sie waren nämlich erst gar nicht beim Echo aufgetaucht.
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