In Deutschland werden bis zum Jahresende bis zu eine Millionen Flüchtlinge erwartet. „Refugees welcome“-Rufe und PEGIDA-Demos, beides sind wir mittlerweile gewohnt. Doch wie sollten wir mit der Flüchtlingskrise umgehen und wie verändern die vielen Flüchtlinge unser Land?
Es fühlt sich gut an, in einem Land zu leben, das anscheinend aus seiner eigenen Geschichte gelernt hat. Ein Land, in dem Kriegsflüchtlinge mit Kuscheltieren und Applaus und nicht mit Stacheldraht und Pfefferspray begrüßt werden. Die deutsche Willkommenskultur wird auf der ganzen Welt gelobt, angefangen beim „Londoner Guardian“ bis hin zur „New York Times“. Die Flüchtlinge wissen das auch. So riefen sie vor nicht allzu langer Zeit in Ungarn laut „Germany“ und den Namen von Angela Merkel. Menschen in Not zu helfen und nicht zu verstoßen, ist der erste, wichtige Schritt in einer humanen Gesellschaft. Doch der zweite ist noch wichtiger: Wir müssen allmählich beginnen die Menschen mit Asyl- und Bleiberecht integrieren, und dies ist kein einfacher Weg.
Zwischen 800.000. und 1.000.000 Menschen sind wahrscheinlich bis Ende 2015 nach Deutschland geflohen. Es ist eine Rekordzahl. Sie kommen aus Krisengebieten, aus Syrien, Afghanistan und Afrika. Zwei Drittel von ihnen sind Muslime. Viele der Flüchtlinge sind durch ihre Erlebnisse traumatisiert, was eine Integration und ein normales Alltagsleben zusätzlich erschwert. Momentan gibt es viel Engagement seitens der deutschen Bevölkerung für Flüchtlinge: Man spendet Kleider, gibt kostenlosen Deutschunterricht oder organisiert Wohnraum. Der erste wichtige Schritt für die Integration der Flüchtlinge kommt also von der Bevölkerung selbst. Man geht aufeinander zu, kocht zusammen, betreibt gemeinsamen Sport, lernt sich kennen. Das ist eine wichtige Voraussetzung und ein Anfang für gute Integration.
Es können jedoch auch Parallelgesellschaften entstehen. Ein Rückblick auf die bisherige Migration nach Deutschland zeigt: Viele Flüchtlinge werden auch gegenwärtig aufgrund ihrer Kultur, ihrer Lebensgewohnheiten oder Religion schwieriger Verbindendes mit den hiesigen Menschen finden können, wodurch die Gefahr entsteht, dass sie unter sich bleiben. Aber auch nicht alle Deutschen sind bereit, sich für Neues zu öffnen und für fremde Menschen, die zu uns kommen. PEGIDA-Kundgebungen, brennende Unterkünfte und randalierende Rechtsextreme scheinen regelmäßig wiederkehrende Konstanten geworden zu sein.
Wie wird Deutschland sich verändern?
60 Millionen Menschen sind derzeit weltweit auf der Flucht. Das ist die höchste Zahl seit dem Zweiten Weltkrieg und somit ist die Flüchtlingskrise keine Herausforderung für ein bis zwei Monate, sondern für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. Sie betrifft Bund, Länder und Kommunen. Weil niemand weiß, wie viele Flüchtlinge noch kommen werden und welche Entscheidungen die Bundesregierung treffen wird, klingt Angela Merkels „Wir schaffen das“ eher leichtsinnig.
Momentan werden viele tausende Menschen in Turnhallen und alten Kasernen untergebracht. Doch wie soll es weitergehen? Das ist eine Notlösung für ein paar Monate, es ist aber keine Lösung für die derzeitige Flüchtlingskrise. Eine Turnhalle bietet zwar ein Dach über den Kopf, aber je länger die Flüchtlinge unter solchen Bedingungen unter sich bleiben, ohne jegliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, umso schwieriger wird die vollständige Integration werden. Hier müssen dringend echte Lösungsansätze erarbeitet werden. Hier liegt jedoch genau das Problem. Ländliche Regionen und Dörfer mit immer geringerer Bevölkerungsdichte bieten auf Dauer für die Unterbringung von Flüchtlingen keine Perspektive. Hier herrscht Mangel an Arbeitsplätzen und es fehlen Möglichkeiten für effektive Integration. In den deutschen Großstädten gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum. Die Gefahr ist groß, dass sich Parallelgesellschaften in Stadtvierteln bilden, wo bestimmte Gruppen nur unter sich bleiben. Wichtig ist auch, dass der Bund sich stärker an den Kosten beteiligen muss. Die Gefahr, dass die Stimmung in der Gesellschaft kippt, wird rapide ansteigen, wenn die ersten Kommunen wegen der finanziellen Belastung durch Flüchtlinge ihre Bibliotheken oder Schwimmbäder nicht mehr finanzieren können. Schätzungen der „Zeit online“ zufolge kostet ein Flüchtling pro Jahr zwischen 12.000 und 13.000 Euro.
Flüchtlinge als Chance?
Wegen des demographischen Wandels hat Deutschland einen dringenden Bedarf an Fachkräften. Derzeit haben wir laut Bundesagentur für Arbeit 600.000 freie Arbeitsplätze (Stand: August 2015). Viele Flüchtlinge bringen die nötigen Voraussetzungen mit, um diese Lücken zu schließen. Das Problem ist hierbei jedoch nicht nur, dass viele Flüchtlinge in ihrer Heimat keinen bzw. nur geringen Zugang zu Bildungsstätten hatten, sondern auch die Schwierigkeit der Anrechnung der Berufsqualifikation in Deutschland. Die Einkommensungleichheit wird in Deutschland zunehmen. Trotz Mindestlohn besteht die Gefahr, dass Asylsuchende mit Bleiberecht, die erfolgreich in die Arbeitswelt integriert wurden, ausgenutzt werden. Eine gelingende Integration muss schon bei den Jüngsten einsetzen.
Es müssen letztlich mehr Betreuer an Kindertagesstätten und Lehrer an Schulen eingestellt werden. Für traumatisierte Kinder müssen hier besonders geschulte Fachkräfte vorhanden sein. Für junge Menschen ist das Sprachproblem oder die fehlende (Aus-)Bildung eine kleinere Hürde, als für Flüchtlinge mittleren Alters. Nicht wenige von ihnen werden in der Berufswelt nicht Fuß fassen können und von Sozialleistungen leben müssen. Nicht nur beruflich muss die Integration erfolgen, sondern auch kulturell. Flüchtlinge müssen auch die Grundwerte und -rechte unserer Gesellschaft vermittelt bekommen, diese achten und respektieren.
Deutschland wird sich verändern. Inwieweit Deutschland die aktuelle Flüchtlingskrise bewältigen kann, ist aktuell noch schwer zu sagen. Letztlich hängt es vor allem davon ab, wie viele Flüchtlinge noch nach Deutschland kommen und welche politischen Entscheidungen jetzt und in Zukunft getroffen werden.
Und was denkst Du? Wie wird sich Deutschland durch die Flüchtlinge verändern? Und wie muss eine zukunftsgerichtete Politik aussehen?
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