Die Deutsche Pkw-Maut sollte eigentlich seit Beginn des Jahres 2016 ausländische Autofahrer zur Kasse bitten. Doch es ist ruhig geworden um das bayerische Lieblingsprojekt. Da die Bundesregierung sich nicht zur Europarechtskonformität der Mautgesetze äußern will, wird die Idee der Ausländermaut demnächst vor dem EuGH scheitern.
Wenn es um des Deutschen liebstes Kind geht, ist schnell Schluss mit lustig. Ob Tempolimit oder Pkw-Maut, Autothemen sind politische Pulverfässer. Als eben solches hat die CSU im letzten Bundestagswahlkampf das Thema Maut in Stellung gebracht und es mit dem Etikett „Ausländermaut“ versehen. Mit dem Versprechen, dass deutsche Autofahrer keine Mehrbelastung erfahren, fand die Ausländermaut schließlich den Einzug in den Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. Während die Kanzlerin im Wahlkampf noch verlauten ließ, dass es mit ihr keine Pkw-Maut geben werde, war es Wochen später das große Projekt ihres Verkehrsministers.
Das Ergebnis von Dobrindts Arbeit liegt seit Juni 2015 vor. Unter dem klangvollen Namen „Infrastrukturabgabengesetz“ in Gesetzesform gegossen, liegt die Umsetzung der Mautpläne bisweilen auf Eis. Beinahe zeitgleich mit der Verkündung der Gesetze, leitete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein. Und in Kürze wird die Sache wohl vor dem EuGH verhandelt, da die Regierung an einer Maut für Ausländer festhalten will.
Die deutsche Pkw-Maut gleicht einer Geisterfahrt
Dabei sollte sich Dobrindt besser nicht so sicher sein. Denn schon beim flüchtigen Blick über die Gesetze wird schnell klar, dass diese in mehreren Punkten gegen die EU-Verträge verstoßen. So gab es schon sehr früh Bedenken, dass die ausschließliche Belastung von ausländischen Autofahrern diskriminierend sei. Dennoch entschied man sich im Bundeverkehrsministerium für die Geisterfahrervariante. Immerhin gibt es in vielen europäischen Ländern bereits Mautsysteme, die mit dem Recht der EU vereinbar sind.
Ob eine deutsche Pkw-Maut überhaupt sinnvoll ist oder nicht, ist keine rechtliche, sondern eine rein politische Frage. (Welche jedoch spätestens dann vom Tisch sein wird, wenn die EU-Verkehrskommissarin Bulc mit der Einführung einer europaweiten Maut vollendete Tatsachen schafft. So ist es letztlich nur noch eine Frage der Zeit, wann es Nutzungsgebühren für deutsche Straßen geben wird.) Das Kernproblem ist also nicht, ob es eine Pkw-Maut in Deutschland geben kann, sondern wie diese rechtlich ausgestaltet ist.
Besser gut kopiert als schlecht erfunden
Wie kann es also sein, dass die deutsche Maut im Gegensatz zu anderen europäischen Mautsystemen (z.B. Italien) sinnbildlich nicht durch den TÜV kommt? Im Grunde verbieten die Verträge der Europäischen Union, die für Deutschland bindend sind, jedwede Schlechterstellung oder Diskriminierung von Bürgern anderer Mitgliedstaaten. Dies soll z.B. den freien Warenverkehr innerhalb der EU gewährleisten.
Das deutsche Mautgesetz sieht vor, dass alle Verkehrsteilnehmer die Maut gleichermaßen zahlen müssen, jedoch deutsche Fahrzeughalter einen Ausgleich über die Kfz-Steuer erhalten. So mindert sich die Kfz-Steuer exakt um den Mautbetrag, sodass deutsche Fahrzeughalter de facto diesen Betrag nicht leisten müssen. Durch den Rechentrick mit der Kraftfahrzeugsteuer versucht man die Schlechterstellung von ausländischen Fahrzeughaltern zu verschleiern, was eine sogenannte versteckte Diskriminierung darstellt.
Ein zeitgleiches oder isoliertes Senken der Steuer ist für sich genommen kein Problem (so z.B. in Österreich geschehen). Mit dem Europarecht unvereinbar ist hingegen die rechnerische Kopplung von Maut und Kfz-Steuer. Aller Warnungen zum Trotz wurde diese Verknüpfung zum Hauptbestandteil der Mautgesetzgebung. Daneben halten die Gesetze auch (zulässige) Inländerdiskriminierungen bereit. Kaum bekannt ist, dass deutsche Fahrzeughalter nicht nur für Autobahnen, sondern zusätzlich auch für Bundesstraßen die Maut entrichten müssen.
Diese Pkw-Maut wird es nicht geben
Insgesamt scheint man sich mit dem Projekt „Ausländermaut“ wohl verfahren zu haben. Auf die Frage, wie es dazu kommen kann, dass man Gesetze verabschiedet, die offensichtlich europarechtswidrig sind und spätestens vor dem EuGH scheitern werden, bleibt die Politik eine Antwort schuldig. Und so erfüllt sich tatsächlich Merkels Wahlversprechen: Diese Pkw-Maut wird es nicht geben.
*In seinem kürzlich erschienene Buch “Die Vereinbarkeit der sogenannten Pkw-Maut mit dem Recht der Europäischen Union” (Würzburg, 2016) legt der Autor die Europarechtswidrigkeit der Mautgesetze dar. Alle Informationen zum Buch und dem Thema Pkw-Maut unter: www.die-maut.de
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