
Beim wohltätigen Kölner Obdachlosenfrühstück der Dr. Peter Deubner-Stiftung sind bedürftige Menschen herzlich willkommen. Neben dem Duft von frischem Gebäck erwartet sie hier ein fröhliches Beisammensein. In dem kleinen Saal des „Don-Bosco-Clubs“ in Köln-Mülheim herrscht schon am frühen Sonntagmorgen um acht Uhr reges Treiben. Die Stimmung ist gut, auch wenn einige der vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter gerne noch ein Stündchen liegen geblieben wären. Doch wenn es um die Unterstützung des Kölner Obdachlosenfrühstücks geht, ist Helfen für sie Ehrensache. Während manche von ihnen die Tische mit weißem Geschirr, Fruchtaufstrich und bunten Blumen decken, tragen andere große Kartons, gefüllt mit Toastscheiben, Graubrot und über 500 gespendeten Brötchen in den Saal. Zu tun gibt es hier für jeden genug und auch diejenigen, die zum ersten Mal dabei sind, haben schnell alle Hände voll zu tun.
Gemeinsam frühstücken
Im regelmäßigen Takt findet das wohltätige Frühstück entweder in Mülheim oder im „Vringstreff“ der Kölner Südstadt statt. Willkommen sind alle: Obdachlose, Bedürftige, Hartz IV-Empfänger. Ob jemand tatsächlich aus finanzieller Not erscheint, wird allerdings nicht nachgeprüft. „Im Prinzip könnte sich auch ein Millionär dazu setzen“, gesteht Peter Deubner, der seine Stiftung im Jahr 1999 gründete, „dann würde er wenigstens mal die andere Seite kennen lernen.“ Mit seiner Organisation hilft er vielen verschiedenen Zwecken, wie der Wissenschaft, Kunstgeschichte und Archäologie. Das Obdachlosenfrühstück unterstützt er mit logistischer und finanzieller Hilfeleistung. Das Frühstück kann nur dank der Deubner-Stiftung, Geldspenden, ehrenamtlichen Mitarbeitern und Lebensmitteln der Kölner Tafel, realisiert werden.
Begleitet von heiterer Klaviermusik strömen die ersten Gäste ab neun Uhr in den kleinen Saal, die Plätze der Sechser-Tische sind schnell belegt. Kurz vor Einlass sind die Aufgaben der ehrenamtlichen Helfer in einem kurzen Teammeeting festgelegt worden: Die einen organisieren die Aufgaben in der Küche, Kaffeekochen und das Belegen der Wurst- und Käseplatten. Die anderen verteilen Brot, Aufschnitt und Getränke an die Gäste. Selbstbedienung ist hier nicht erlaubt, denn eine gerechte Verteilung der Speisen könnte dabei nicht gewährleistet werden. Zum Sattwerden ist zwar für jeden reichlich da, allerdings würden manche der Bedürftigen eine günstige Situation zum Hamstern nutzen, verrät Peter Deubner: „Einige lassen die Brötchen dann schnell in ihrer Tasche verschwinden.“ Einen Hamstervorrat ansammeln, um gut versorgt in die neue Woche zu starten – was schnell nach egoistischem Handeln klingen mag, ist für manche jedoch der traurige Versuch, sich mit dem Lebensnotwendigsten zu versorgen, ohne Geld ausgeben zu müssen.
Als „obdachlos“ gelten laut Definition der „Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe“ (BAGW) Menschen, die „ohne Unterkunft auf der Straße und auf öffentlichen Plätzen wie Parkanlagen oder unter Brücken leben.“ Auch Menschen in Notunterkünften, die keinen festen Wohnsitz haben und in Wärmestuben, Notschlafstellen oder ähnlichen Einrichtungen übernachten, gelten als obdachlos. Die BAGW schätzt, dass es im Jahr 2010 etwa 248.000 wohnungslose Menschen in Deutschland gab, von denen rund 22.000 dauerhaft ohne jede Unterkunft auf der Straße überleben mussten. Trotz der Möglichkeit zum Übernachten in Obdachlosenheimen und Notunterkünften, insbesondere zur kalten Jahreszeit, seien Schlafplätze noch immer begrenzt.
Gemeinsam mithelfen
Wieder und wieder schlängeln sich die ehrenamtlichen Helfer durch dicht besetzte Tischreihen, verteilen Brötchen, Getränke und Obst. „Ein Stück Obst pro Kopf“ lautet die Regel, denn man weiß nie genau, ob bis zum Ende des Frühstücks gegen elf Uhr noch neue Gäste eintreffen werden. Falls ja, will man auch ihnen noch etwas Leckeres anbieten können. Die Bedürftigen können zwischen Bananen und Äpfeln wählen. Bananen sind bei vielen am beliebtesten, denn sie sind weich und süß. „Die kann jemand, der kaputte Zähne hat, besser kauen, als einen harten Apfel“, weiß Helga Schmidt, 72 Jahre alt und langjährige Mitarbeiterin des Obdachlosenfrühstücks.
Zahnschäden und Hautkrankheiten sind jedoch nur einige der körperlichen Folgen mangelnder Hygiene und Sauberkeit des Lebens auf der Straße. Weitere gesundheitliche Schäden, die zumeist durch Unterernährung und Abwehrschwäche entstehen und zur gefährlichen Todesursache werden können, sind Lungenentzündungen, Magen-Darm-Störungen und Herzinfarkte. Obdachlose sterben im Durchschnitt bis zu 15 Jahre früher als Menschen mit festem Wohnsitz. Die häufigste Todesursache ist das Erfrieren. Neben den körperlichen Beschwerden leiden Obdachlose oft unter Verwahrlosung, Vereinsamung und Armut. Zumindest diese gesellschaftlichen Defizite möchte das Obdachlosenfrühstück kompensieren.
Kurz vor Ende des Frühstücks werden neben den restlichen Lebensmitteln daher auch Seifen, Shampoos und Zahnpasta an die Obdachlosen verteilt. Die kleinen Tuben und Tiegel sind Sachspenden der Kölner Tafel oder privater Unternehmen und bereiten vielen Bedürftigen eine große Freude. Während manche von ihnen noch vergnügt zu den letzten Takten der Klaviermusik wippen, verlassen andere den Saal bereits mit ihrer Ausbeute, die sie sicher in Plastiktüten verstaut haben. Die meisten von ihnen werden beim nächsten Mal wieder kommen, um ihre leeren Bäuche und Taschen zu füllen und sich nicht nur am Sättigungs-, sondern auch an einem Gemeinschaftsgefühl, erfreuen. Hier werden sie nicht vergessen, mit abwertenden Blicken betrachtet oder bemitleidet. Hier kümmert man sich um sie, behandelt sie wie nicht wie Aussätzige, sondern wie Bürger, die einen Teil zur Gesellschaft beitragen.
Gemeinsam Gutes tun
Auch die ehrenamtlichen Helfer, deren Arbeit nach dem Abschied der Gäste noch nicht beendet ist, empfanden den Morgen als durchaus gelungen. „Das Lächeln der Menschen gibt einem einfach so viel zurück“, freut sich Helga Schmidt, während sie gemeinsam mit den anderen Helfern mit Aufräumen, Spülen und dem Verstauen des Geschirrs in großen Holzkisten beginnt. Für sie ist klar, dass sie so bald wie möglich beim nächsten Obdachlosenfrühstück mithelfen möchte. Denn für solch eine gute Sache lohne es sich, trotz der Müdigkeit auch am nächsten Sonntagmorgen wieder in aller Frühe aufzubrechen.
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