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Aktuelle Seite: Startseite / Unterwegs / Australien: Zwischen Farm, Spinnen und dem weiten Westen

Australien: Zwischen Farm, Spinnen und dem weiten Westen

7. August 2017 von Kira Sutthoff Kommentar verfassen

Farmwork in Australien – das hat wohl nahezu jeder Worker and Traveller in Australien erlebt. Was nicht jeder mitnimmt, ist die Westküste. Mehr als schade, wie ich finde. Denn im Westen warten neben mehreren hundert Kilometer langem eindruckslosem Nichts und lästigen Fliegen auch fantastische Felsformationen, Schluchten und Sonnenuntergänge.

alle Bilder © f1rstlife / Kira Sutthoff

Verdorrte Trauben und sympathische Winzer

Von unserem Free Camp bis zur Farm, auf der wir arbeiten, sind es knapp 20 Kilometer. Sie liegt in einer Weinregion bei Naracorte, mitten in South Australia. Den ersten Teil beschreiten wir auf einem holprigen Feldweg. Unser Holden Commodore Station Wagon liegt tief, weshalb ich Angst habe, dass wir aufsetzen könnten. Auch die anderen fahren vorsichtig im Camper vor uns. Wir passieren mehrere Weingüter, jetzt auf einer befestigten Straße fahrend. Um stabile Holzpfähle, je einer waagerecht auf zwei senkrechten befestigt, ranken sich die dunklen, runden Trauben in bis zu 40 Reihen. Einer dieser Vineyards gehört unserem Arbeitgeber Terry und seiner Frau Trish. Terry ist ein typischer Australier. Sein dunkelblondes Haar verbirgt er unter einem blauen Basecap mit ausgewaschenem Känguru-Motiv. Die Haut an seinen nackten Armen ist durch die täglich stundenlange Sonneneinstrahlung fleckig geworden. Er nuschelt ein bisschen; er hat einen starken Aussi-Akzent.

Terry hilft uns bei der Arbeit und ist jederzeit für einen Witz zu haben. Er erzählt uns Anekdoten über deutsche Backpacker. Fast jede Saison machen sie – zusammen mit Franzosen – den Großteil der Arbeitskräfte aus. „They’re always in time and very quick workers“, lobt Terry. Letzte Woche wurde jedoch ein Mädchen gefeuert, da sie wohl jeden Tag früher gegangen war, weil es ihr angeblich nicht so gut ging. Zudem seien die deutschen Backpacker oft noch sehr jung und ein bisschen naiv. Die meisten kämen direkt nach dem Abitur. Die Backpacker seien wichtig für Leute wie ihn, berichtet Terry, da sie als Arbeitskräfte auf den Farmen gebraucht werden. Er warnt uns jedoch, uns nicht abzocken zu lassen, was bei unerfahrenen Backpackern schonmal passieren kann.

Christopher and the Huntsman

Auch gerade arbeiten wir mit einer Gruppe aus sieben anderen Deutschen zusammen. Wir machen „Grape pruning“, das heißt, wir schneiden die grünen und die verdorrten Trauben ab und befreien die zu kleinen Äste von dem Gewicht der Weintrauben, damit sie nicht abbrechen. Dabei muss man manchmal bis tief in den Weinstock reingreifen. Christopher, einer der Franzosen der mit uns reist, schreit auf einmal auf. Er hat eine Huntsman gesichtet. Auf Deutsch heißt sie Riesenkrabbenspinne. Wie wir von Terry erfahren, ist sie nicht giftig und beißt nur, wenn sie provoziert wird. Jedoch könne sie eine Beinspannweite von 25 bis 30 Zentimetern aufweisen. „In fact, this one looks really terrifying“, sagt Christopher aufgebracht. „Don’t’ you worry”, lacht Terry. “You better beware of the redbacks, which you might find in the grapes too”. Belehrend hebt er den Zeigefinger seiner linken Hand, die in einem grauen, robusten Gartenhandschuh steckt.

„They are really poisonous and live nearly all over Australia. That’s why you should always wear gloves while working in the vineyard”. Jetzt schaltet sich auch Richard in die Diskussion ein: „But I read that only the female ones are dangerous. How can we distinguish them?” „That’s easy. Male ones do measure only five centimeters, while females are three times as big. And females do have a red mark on their back, males don’t.” Nach diesem kleinen Exkurs nehme ich mir vor, ein bisschen besser aufzupassen, was sich zwischen den Trauben so versteckt. Am Ende des langen Arbeitstages habe ich zum Glück keine Redback gesichtet. Dafür klebt mein T-Shirt an meinem Oberkörper und an meinen Händen haben sich unter den Handschuhen Blasen gebildet vom Druck der Gartenschere. Terry klopft uns auf die Schulter: „Good job guys!“

Nach acht Stunden Arbeit entspannen wir zusammen am See. Die Abendsonne ist angenehm warm auf meiner Haut und trocknet meine vom Duschen nassen Haare. Rechts neben dem Van haben die anderen eine improvisierte Dusche samt Duschvorhang gebaut. Sie haben einen Wasserkanister mit einem Seil oben am Baum befestigt und Löcher in den Deckel geschnitten, sodass das Wasser in feinen Strahlen auf die Haut fällt. Während ich im Gras liege, absolviert Christopher vor mir sein tägliches Workout und wird dabei aus ein paar Meter Entfernung misstrauisch gemustert. Der Typ, der dort an einer Weide am Wasser sitzt, ist offenbar der Ansicht, dass seine Freundin ein bisschen abgelenkt von Christophers nacktem Oberkörper zu sein scheint. Ich muss schmunzeln, ich habe mich schon daran gewöhnt. Christopher will eben auf keinen Fall zunehmen, so wie die meisten Backpacker es hier in Australien deutlich tun.

Take a break or R.I.P

Wir haben über 3.500 Kilometer vor uns bis Perth. Die Luft ist trocken, die Klimaanlage im Auto funktioniert nicht und das Lenkrad muss ich nicht einmal drehen, da die einspurige Landstraße bis zum Horizont hin geradeaus verläuft. Zwischendurch schaue ich aus dem Fenster – mir kommt ja eh kein Auto entgegen, auf das ich achten müsste. Weit und breit erblicke ich rotbraunes Ödland. Hin und wieder entdecke ich ein paar Grasbüschel. In der Erde zeichnen sich dünne Risse ab. Gelegentlich stehen am linken Straßenrand – in Australien herrscht Linksverkehr – große, eingestaubte Schilder mit Aufschriften wie „How long to go mum?“, „Still a long way to go kids“ oder „Take a break or R.I.P.“. Diese sollen gerade LKW-Fahrer dazu auffordern, eine Pause am nächsten „Driver-Reviver“ zu machen. Die Strecken in Australien sind weit und viele Truck-Fahrer in Australien halten einfach nur drauf, egal was sich ihnen in den Weg stellt. Vorne ist daher nicht nur eine Stoßstange, sondern ein richtiges Gestell montiert, dass zum Beispiel über die Straße laufende Kühe abfängt: Ein „Bullbar“.

Wir befinden uns auf dem Eyre Highway Richtung Westen. Diese wüstenartige Landschaft im Südwesten Australiens nennt sich auch Nullabor. Bis Perth haben wir noch einige Tage vor uns. Nach vier Stunden habe ich keine Lust mehr. Wir machen eine Pause und beschließen, eine Kleinigkeit zu essen. In unserer Kühlbox steht das Wasser, unser Vier-Kilo-Crushed-Iced-Beutel ist schon wieder geschmolzen. Käse, Butter und Gemüse der vergleichsweise günstigen australischen Hausmarke „Woolworths“ schwimmen im Wasser. Während ich das Wasser langsam auskippe und die Box reinige, nerven mich die vielen Fliegen, die in Südwestaustralien leider an der Tagesordnung sind. Ich hole das Kopfnetz aus dem Auto, was die Fliegen abhalten soll. Es hat feine Löcher und kann mit einer Schnur am Kopf befestigt werden. So setzen sie sich immerhin nicht in mein Gesicht. Auf Richards Rücken hat sich schon ein ganzer Schwarm niedergelassen. Ich versuche sie weg zu scheuchen, aber sie kommen immer wieder. Uns läuft der Schweiß. Weit und breit ist kein Baum zu sehen, der Schatten spenden könnte. Bis zur nächsten Dusche sind es bestimmt noch zwei Tage Autofahrt durch karge, eintönige Landschaft.

Im Westen hat die Natur ihre eigenen Gesetze

Endlich sind wir an der Westküste angekommen. Viele Backpacker lassen diese aus und beschränken sich auf die Ostküste. Dort gibt es mehr Zivilisation, mehr Sandstrände und mehr Party. Die Westküste wird jedoch unterschätzt. Von Perth bis Broome hat sie so einiges zu bieten. Die Felsformationen der „Pinnacles“ im Namburg National Park, der Lookout „Nature’s Window“ im Kalbarri National Park – es ist, als hätte die Natur hier ihre eigenen Regeln, Erde und Gestein zu formen. Am beeindruckensten finde ich jedoch den Karrijini National Park. Von Exmouth, der nächstgrößeren Stadt, sind es noch einmal mehrere Stunden Autofahrt. In einem kleinen Kaff auf dem Weg machen wir halt, um uns noch einmal mit Toast, Eiern und Half-Price Magnum Eis zu stärken – ein Angebot, dass uns im teuren Australien sehr zugute kommt. Dann geht die Wanderung los. Wir haben uns wieder unsere Fliegennetze umgebunden. Im Moment sei es hier in der Gegend besonders schlimm, erzählte uns die Frau im Reisebüro in Exmouth, da der Wind die Fliegeneier aus dem Süden gebracht hätte. Der Weg ist als „difficult“ gekennzeichnet. Nach dem ersten Kilometer holprigem Sandweg beginnt die Schlucht. Ehe ich mich versehe, ragen links und rechts von uns meterhohe Felswände empor.

Wir beginnen am schmalen Felsspalt entlang zu klettern, gelegentlich kann man sich an einem angebrachten Seil festhalten. Die Fliegen werden jetzt weniger. Meine um meinen Hals hängende Kamera behindert mich beim Klettern und droht ins Wasser zu fallen, als wir durch den nächsten Teil der Schlucht waten müssen. Nachdem wir uns einige Stunden den Weg durch die verwinkelte Felsspalte gebahnt haben, erreichen wir das Ende des Walks. Vor uns erstreckt sich ein riesiger Pool, der zwischen den Felswänden in einem tiefen Becken liegt. Am anderen Ende plätschert das Wasser laut von einem höher gelegenen Felsvorsprung herab.

Dort, wo die Sonne auf den Wasserfall trifft, wird das Licht zu einem kleinen Regenbogen reflektiert. Ich halte meine Hand in das glasklare Wasser an meinen Füßen und kann den steinigen Grund sehen. Es ist erfrischend kühl. Ich wende meinen Kopf den anderen zu. Richard hat gerade eine Echse entdeckt. Sie sonnt sich auf einem flachen Stein in der Schlucht. Langsam schleicht er sich an und kniet sich fasziniert zu ihr herunter. Als sie ihn bemerkt, flitzt sie schnell weg und verschwindet in der nächsten Felsspalte. Hinter uns hören wir Schritte und Stimmen die Stille durchbrechen. Sie kündigen die Ankunft weiterer Backpackern an.

Gewöhnlich und doch besonders

Nach dem Abstecher in den Nationalpark sind wir bei unserem nächsten Free Camp „Matilda Rest Stop“ angekommen, irgendwo zwischen Port Headland und Broome. Außer uns ist nur noch ein australisches Pärchen mit einem Camper dort, sie sind mittleren Alters. Wir kommen ins Gespräch und sie berichten von ihrem aufregenden Abenteuer. „We sold the house and quit our jobs and decided to go on a journey”, sagt die Frau, während sie sich eine “Australian Spirit” anzündet und genüsslich daran zieht. Jahrelange Sonneneinstrahlung und Zigarettenkonsum zeichnen ihr Gesicht. Auf ihren schmalen Lippen jedoch liegt ein zufriedenes Lächeln. Drei Jahre sind sie jetzt schon unterwegs, arbeiten zwischendurch auf Farmen wie wir und leben aus dem Camper. „We just enjoy the freedom“, fügt ihr Ehemann hinzu. Ich bewundere sie und kann ihre Entscheidung nachvollziehen, wenn ich an meine eigene Situation denke. Nicht jeder Tag hier ist aufregend, hin und wieder bin ich genervt oder sehne ich mich einfach nur nach einer Dusche oder meinem Bett zu Hause. Und trotzdem kann ich auch einem gewöhnlichen Abend, der aus Nudeln mit Pesto und einem Becher Goon besteht, viel abgewinnen. Es ist vor allem die Vielseitigkeit, die Australien so besonders macht.


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Kira Sutthoff

Kira Sutthoff

Kira studiert im Master Politische Kommunikation in Berlin. Nebenbei engagiert sie sich für das freie feministische Filmkollektiv GENERATION TOCHTER und arbeitet im gesellschaftspolitischen Bereich. Sie findet seltener Zeit zum Schreiben als es ihr lieb ist, merkt jedoch jedes Mal, wie gut es tut, Gedanken und Ideen zu Papier zu bringen und mit anderen Menschen zu teilen.
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Kategorie: Unterwegs Stichworte: Australia, Australien, Camping, Down Under, Sonne, Vacation, Winzer, Work and Travel

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