„Non scholae sed vitae discimus“ – nicht für die Schule sondern für (unser) Leben lernen wir. Dieser oft zitierte Spruch wendet sich in scharfer Sprache gegen die deutschen Schulen. Oft scheint es für die Betroffenen dieser allgemeinbildenden Einrichtungen – also für die Schülerinnen und Schüler – so, als fühlten sie sich durch die Schule nicht im Geringsten auf das Leben vorbereitet.
Entscheidet sich beispielsweise ein 17-jähriger Zwölftklässler für den Schreinerberuf, so zweifelt er die Nützlichkeit der goetheschen Gedichtinterpretation, jener lebensnotwendigen Geistestätigkeit, die sicher auf Leben und Beruf vorbereiten will, gerne einmal an. Möchte ein 19-jähriger Abiturient etwa Pilot werden, so lässt sich fragen, ob ihm all die Winkelfunktionsberechnungen oder die zähen lateinischen Hexameter für seinen weiteren Lebensweg geholfen haben.
Lernen für den Mammon
Wenn man Schule linear und „monofinal“ denkt, dann muss man den oben genannten Beispielen sicher Rationalität zugestehen. In erster Instanz erscheint vieles aus dem Mathematik-, Deutsch- und wahrscheinlich auch aus dem Naturwissenschaftsunterricht als überflüssig. Die jungen Leute haben diese und jene Vorlieben und die Wirtschaft braucht im Zweifel auch nicht den großen Germanisten, den stilvollen Poet, oder den Kurvenanalytiker – auf keinem Fall aber das „allgemeingebildete Allround-Genie“, das mit einer Hand Graphen zeichnet, mit lauter Stimme Mendelssohns „Oh Täler weit“ trällert und mit der anderen Hand chemische Reaktionsgleichungen aufstellt.
Die Frage bleibt aber, ob man immer nur zweckorientiert lernt oder ob es auch Dinge gibt, die man wissen will und die man dank der allgemeinbildenden Schulen wissen darf, auch wenn sie auf den ersten Blick sinnlos erscheinen. Es kann mitunter peinlich sein, wenn man – selbst in Zeiten von Wikipedia und Google – Konrad Adenauer für einen hellenistischen Kriegshelden und Alexander den Großen für den ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland hält und auf Nachfrage diese Überzeugung kundtut.
Das humanistische Ideal
Eine allgemeinbildende Schule, die heute noch Latein und Altgriechisch in ihrem Fächerkanon listet, die konfessionsgebundenen Religionsunterricht erteilt und an der Relevanz historischer oder geographischer Fakten festhält, kann gar nicht dem Ethos folgen, nur auf einen Beruf vorbereiten zu wollen. So kann es sicher niemals schaden, durch die Schule zu erfahren, woher man kommt, warum wir vielleicht eher Kartoffeln als Reis essen und weshalb die großen alten Gebäude in den hiesigen Metropolen von einem Kreuz an der Turmspitze gekrönt sind. Kultur und Tradition müssen schließlich auch irgendwo vermittelt werden.
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