Mit der Öffnung des Marktes kam der Aufschwung
Viele Jahre lang standen bei innerdeutschen Städtereisen drei Verkehrsmittel zur Auswahl: Auto, Bahn und Flugzeug. Während in Ländern wie der USA Reisen mit Überlandbussen schon lange gang und gäbe sind, dauerte es hierzulande bis Anfang 2012, bis Bewegung in den Fernbusmarkt kam. Bis dahin war es Fernbusbetreibern untersagt, Strecken anzubieten, wo es bereits Bahnverbindungen gab. Dadurch hatte die Deutsche Bahn eine mächtige Marktstellung und konnte mangels Konkurrenz die Preise diktieren. Im Jahr 2012 wurde dann der Markt für Fernbuslinien geöffnet. Seitdem versuchen mehrere Unternehmen, sich auf dem heiß umkämpften Markt zu etablieren.
Faktor Eins: Der Preis
Wenn man nur auf den Preis schaut, ist die Fahrt mit dem Fernbus unschlagbar. In vielen Fällen ist die Reise mit dem Bus um mehr als die Hälfte günstiger als mit dem Zug. Die Preise unterscheiden sich je nach Busanbieter, Tageszeit und Nachfrage. Beispielsweise kommt man bereits ab 15 Euro von München nach Frankfurt oder von Köln nach Hamburg. Selbst der Sparpreis der Deutschen Bahn kann hier nicht mithalten. Ein Grund für die extrem günstigen Preise bei der Fernbusfahrt ist sicherlich der Konkurrenzkampf. Wer eine bestimmte Linie am günstigen anbietet, wird natürlich am häufigsten gebucht. Ob das aktuell äußerst niedrige Preisniveau noch lange andauern kann, ist ungewiss. Gut möglich, dass in einigen Jahren die Anzahl der Anbieter sinkt und die Preise etwas steigen.
Faktor Zwei: Der Komfort
Bei den Fernbussen handelt es sich meist um ganz normale Reisebusse. Funktionierende Klimaanlage, Heizung und Toiletten gehören zur Standardausstattung. Die Toiletten sind aber meistens sehr eng, für die dringende Notdurft reicht es allerdings. Die Sitzlehnen lassen sich zurückstellen – natürlich darf da der Hintermann nichts dagegen haben. Anders als bei der Deutschen Bahn ist im Fernbus ein Sitzplatz garantiert. Mit dem Komfort im ICE oder der ersten Klasse in überregionalen Zügen kann der Fernbus nicht mithalten. Allerdings hat dieser Komfort bei der Bahn natürlich auch seinen Preis.
Viele Buslinien bieten auch kostenloses W-LAN und Steckdosen für mobile Geräte an. Das macht die Fernbusreise vor allem auch für Berufstätige interessant. Internet und Strom gibt es in der Bahn lediglich in ICE-Zügen und auch nicht auf jeder Strecke. In den meisten Fernbuslinien können Snacks und Getränke erworben werden. Manche Anbieter bieten ihren Gästen sogar Heißgetränke an. Auch hier kann die Bahn nicht mithalten – ein Bistro gibt es nur in ICs und ICEs. Insgesamt erinnert Angebot und Komfort bei Fernbussen etwas an Flugreisen. Bei manchen Linien gibt es sogar Bücher oder es können online Filme ausgeliehen werden.
Faktor Drei: Die Fahrtzeit
Bei der Fahrtzeit hat die Bahn klar die Nase vorn. Je länger die Strecke ist, desto mehr unterscheidet sich die Zeit, die man auf der Strecke verbringt. Besonders im Vergleich mit dem ICE fällt der Fernbus deutlich ab. Des Weiteren ist die Bahn im Allgemeinen pünktlich. Obwohl Verspätungen bei der Bahn durchaus vorkommen, so kann man sich meistens auf die geplante Ankunftszeit verlassen. Bei Fernbusreisen ist das deutlich ungewisser. Staus, schlechtes Wetter oder Baustellen können die Fahrt deutlich verzögern. Wer seinen Termin nicht versäumen will, sollte deshalb bei der Busreise lieber auf Nummer sicher gehen und einen zeitlichen Puffer einbauen. Für Eilige eignet sich dagegen mehr die Bahnreise.
Faktor Vier: Die Umweltfreundlichkeit
Die Bahn wirbt damit, dass ihre ICEs mit Strom aus erneuerbaren Energie gespeist werden. Außerdem produziert ein Zug keine Abgase und gilt so als umweltfreundliches Verkehrsmittel. Laut einer Untersuchung der Stiftung Warentest sind Reisebusse jedoch trotzdem die umweltfreundlichste Reisevariante. Allerdings ist das nur der Fall, wenn das Fahrzeug zu mindestens 60 Prozent besetzt ist.
Meine Erfahrungen mit dem Fernbus
Vor Kurzem bin ich mit dem Fernbus von München nach Leipzig gefahren. Am Busbahnhof in München gab es bereits die erste „Abweichung“ vom Normalfall. Der Bus, der sonst auf dieser Strecke verkehrt, hatte eine Panne und deswegen wich man auf einen normalen Reisebus aus. Die Annehmlichkeiten wie W-LAN und Steckdose entfielen somit. Darüber hinaus war die Toilette nicht benutzbar und erst beim nächsten Halt in Nürnberg konnte man sich erleichtern. In Aschaffenburg stiegen wir dann auf einen normalen Fernbus des Anbieters um.
In diesem Bus wurden wir sofort von einem Hinweisvideo begrüßt, das stark an die Sicherheitsshow im Flugzeug erinnert. In diesem Bus gab es zwar dann eine funktionstüchtige Toilette, über den hygienischen Zustand äußere ich mich aber nicht. Da der Bus nur etwa zur Hälfte gefüllt war, konnte ich es mir bequem machen und meine Lehne zurückstellen. Die geplante Ankunftszeit wurde um zwanzig Minuten überschritten, was laut Busfahrer an mehreren Baustellen an der Autobahn lag. Bei der Rückfahrt verzögerte sich bereits die Abfahrt um etwa 20 Minuten. Freundlicherweise wurde ich darüber aber per SMS informiert. Die Pünktlichkeit ließ also insgesamt zu wünschen übrig, allerdings habe ich auch mit etwas Verspätung gerechnet. Der Bus auf der Rückfahrt war noch einmal etwas weniger ausgelastet, weniger als die Hälfte Plätze waren gebucht. So viel zum Thema Umweltschutz. Wenigstens war dieses Mal die Toilette sauber.
Insgesamt war die Fahrt mit dem Fernbus komfortabel und unschlagbar günstig. Trotz einiger kleiner Mängel (auch die Klimaanlage war nicht immer optimal eingestellt) würde ich jederzeit wieder mit dem Fernbus fahren – das Preis/Leistungsverhältnis ist einfach unschlagbar. Auch das Streckennetz wird kontinuierlich erweitert und sogar kleinere Städte wie Passau werden inzwischen von mehreren Anbietern angesteuert.
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