Es ist überall, wir brauchen und wollen es. Die Rede ist vom wohl prägendsten Stoff unserer Generation: Plastik. Aber immer öfter wird es auch dort gefunden, wo man es nicht vermuten würde. 2012 fanden Forscher im Magen eines gestrandeten Pottwals 30 Quardratmeter Plastikplane, viereinhalb Meter Gummischlauch, neun Meter Kunststoffleine und zwei Plastikblumentöpfe. Es stellt sich die Frage, wie so etwas möglich ist?
Ein durchschnittlicher Europäer verbraucht jährlich mehr als 100 Kilogramm Plastik. Der größte Teil des Kunststoff-Abfalls landet auf riesigen Mülldeponien – oder im Meer. Über 100-Millionen Tonnen Plastik treiben inzwischen in den Weltmeeren umher. Durch die Strömungen ist im Pazifik sogar so etwas wie ein neuer Kontinent entstanden: Eine Ansammlung von Plastikmüll, fast so groß wie Europa.
Plastik überdauert bis zu 500 Jahre
An einigen Stellen im Meer gibt es mittlerweile bis zu 60-mal mehr Plastik, als Plankton. Denn der Kunststoff verrottet nicht, es überdauert bis zu 500 Jahre. Durch die Einwirkungen von Sonne, Wind und Wasser zerfällt das Plastik im Meer in immer kleinere Teilchen. Diese Plastikteile können schädliche Gifte aus der Landwirtschaft oder Industrie in hoher Konzentration aufsaugen. An sich ist das kein allzu großes Problem, so scheint es, doch die Partikel richten extreme Schäden an.
Viele Tiere verwechseln die Plastikteilchen mit Plankton – der Hauptnahrungsquelle der Unterwasserbewohner – und essen davon, bis sie satt sind. Über 100.000 Schildkröten, Meeressäuger und Seevögel verenden jedes Jahr langsam und qualvoll, weil sie mit vollem Magen verhungern, oder ihre Därme platzen. Hinzu kommt: Anders als beispielsweise bei Öl-Katastrophen ist die Belastung der Ozeane ständig vorhanden und nur schwer vermeidbar.
Vom Teller direkt in den menschlichen Körper
Die kleinste Plastikform ist Micro-Plastik. Es wird unter anderem Kosmetika, Duschmittel und Zahncremes beigemischt. Eine Tube Zahnpasta enthält bis zu zehn Prozent Micro-Plastik, Kläranlagen können Micro-Plastik aber nicht filtern – es gelangt über unser Abwasser einfach so ins Meer. Meerestiere, bei denen sich inzwischen Plastik und Gifte in den Zellen eingelagert haben, landen anschließend auf unseren Tellern. Folglich sind auch wir Menschen mehr oder weniger direkt von der Verschmutzung betroffen.
Doch was macht die Stoffe eigentlich so gefährlich? Bei der Plastik-Herstellung werden giftige Chemikalien eingesetzt, um den Kunststoff elastisch, oder feuerresistent zu machen. Bisphenol A, Weichmacher oder Flammschutzmittel sind darum in fast allen Plastik-Produkten enthalten. Durch Hitze, falsche Reinigungsmittel, oder zeitlichen Verfall, wird Plastik spröde. Dabei werden diese Chemiekalien langsam freigesetzt und gelangen über die Atemwege, durch bloße Berührung, oder Nahrungsaufnahme in den menschlichen Körper. Die Auswirkungen sind schwerwiegend: Es werden Krebs, Asthma, Unfruchtbarkeit, oder Entwicklungsstörung begünstigt.
Die Inhaltsstoffe sind streng geheim
Die Kunststoff-Industrie versucht Skandale zu vertuschen und betreibt gigantisches Lobbying, um schärfere Gesetze, oder Untersuchungen zu verhindern. Plastikfabriken gleichen regelrecht Festungen und die Produktion ist streng geheim. Unter anderem ist dies ein Grund, warum niemand so genau weiß, was Plastik alles beigefügt wird. In den vergangenen zehn Jahren konnten gerade einmal elf von rund 100.000 chemischen Substanzen untersucht werden, die dem Plastik beigemischt werden können.
Doch es gibt Hoffnung. Intelligente Roboternetze, oder zu schwimmenden Recyclingfabriken umgebaute Fischerboote sollen die Meere säubern. Als Plastikersatz sollen Bio-Kunststoffe aus pflanzlichen Stoffen hergestellt werden (beispielsweise Maisstärke). So wird aber wertvolle Nahrung zerstört. Der weltweite Plastikbedarf kann so also auch nicht gedeckt werden. Darum sollte sich unser Konsumverhalten ändern. Ein Blick auf die Verpackung von Produkten, das Ersetzen von Plastiktüten durch Papier- oder Stofftaschen, altes Plastik recyceln, statt es einfach wegzuwerfen, oder allgemein plastikfreie Produkte zu nutzen kann der Kunststoff-Epidemie Einhalt gebieten.
Quellen:
– http://jech.bmj.com/content/early/2014/01/28/jech-2013-202593.short?g=w_jech_ahead_tab
– http://science.howstuffworks.com/environmental/earth/oceanography/great-pacific-garbage-patch1.htm
– http://education.nationalgeographic.com/education/encyclopedia/great-pacific-garbage-patch/?ar_a=1
– http://www.plasticgarbageproject.org/en/plastic-garbage/problems/
– http://www.prosieben.ch/tv/galileo/videos/566-100-sekunden-plastik-im-meer-clip
– http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=39640
– http://www.swissinfo.ch/ger/wissen_und_technik/Fische_essen_Plastik,_Menschen_essen_Fisch.html?cid=36767434
– http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=40975
– http://www.20min.ch/wissen/news/story/28769768
– http://www.bund.net/themen_und_projekte/meeresschutz/muellkampagne/mikroplastik/
– http://www.nationalgeographic.de/thema/planet-meer/was-unsere-meere-bedroht
– https://www.youtube-nocookie.com/embed/zKOt_0dsRJY
– http://www.sueddeutsche.de/wissen/gefahr-fuer-die-gesundheit-plastik-ist-eine-bedrohung-1.15065
– http://www.nabu.de/themen/meere/plastik/projekt/
– http://www.umweltnetz-schweiz.ch/neuigkeiten/aktuelles/668-das-meer-als-endlager-unseres-plastikzeitalters-meeresverschmutzung-durch-abfall-teil-1.html
– http://www.focus.de/wissen/natur/tiere-und-pflanzen/tid-30373/forschung-und-technik-medizin-wenn-plastik-toetet_aid_946382.html
– http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/videos/bioplastik-alles-abbaubar-100.html
– https://www.econitor.de/magazin/lifestyle/bio-kunststoff-loesung-oder-neues-problem_8411.html
– http://uni.de/redaktion/biokunststoffe
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