Am Donnerstag lief mit „Die Tribute von Panem: Mockingjay“ ein weiteres „Fast-Finale“ einer erfolgreich verfilmten Fantasy-Buchreihe in den deutschen Kinos an. Den Final-Film in zwei Teile zu splitten scheint die neueste Masche der Filmemacher aus Hollywood zu sein. Anders als bei „Twilight“ und „Harry Potter“, bei denen die gesamte Vorgeschichte in den ersten Teil gesteckt wurde, während der zweite Teil nur noch aus Action und dramatischen Kampfszenen besteht, ist es den Machern von „Mockingjay“ jedoch zumindest im ersten Teil gelungen, eine ausgewogene Mischung zwischen Geschichte und Action zu finden. Nachdem Katniss Everdeen, gespielt von Jennifer Lawrence, am Ende des zweiten Teils aus der zerstörten Arena des dystopischen Zukunftsstaates Panem gerettet wurde, findet sie sich in „Mockingjay“ in einem unterirdischen Versteck im zerstörten Distrikt 13 wieder.
„Man kann alles Alte wieder modern machen – wie zum Beispiel die Demokratie!“
Dort hat sich eine Gruppe von Regierungsfeinden aus den verschiedenen Distrikten und aus dem Kapitol versammelt, um gemeinsam die Regierung unter ihrem diktatorischen Präsidenten Snow zu stürzen. Ihr Ziel ist es, eine Demokratie in Panem zu errichten. „Man kann alles Alte wieder modern machen, wie zum Beispiel die Demokratie“ – so drückt Katniss Betreuerin Effie, gespielt von Elizabeth Banks, es aus.
Katniss soll als ‘Mockingjay’ – Spotttölpel – das Gesicht dieser Revolution werden. Durch die Hungerspiele wurden Katniss zu einem Zeichen der Hoffnung auf Freiheit für die Bewohner der armen Distrikte von Panem. Das wollen sich die beiden Hauptinitiatoren der Revolution, Präsidentin des Distrikt 13 Alma Coin (Julianne Moore) und der Spielemacher der Hunger Spiele Plutarch (Philip Seymour Hoffman), zu Nutzen machen, um die Revolution voranzutreiben. Doch für Katniss stehen ganz andere Dinge im Vordergrund, wie ihr Freund und Partner bei den Hungerspielen Peeta (Josh Hutcherson), der sich seit dem Jubel-Jubiläum in Gefangenschaft der Regierung befindet. Und dann ist da ja auch noch ihr bester Freund und langjähriger Jagdgefährte Gale (Liam Hemsworth)…
„Du bist der Spotttölpel – du kannst fast alles von Ihnen fordern…“
Erst durch einen Gedankenanstoß ihrer Schwester Prim trifft Katniss die Entscheidung, der Revolution ihr Gesicht zu verleihen. Nur wenn Peeta und die anderen von der Regierung in Gefangenschaft gehaltenen Tribute befreit und am Leben gehalten werden, wird sie der Spotttölpel sein. Außerdem soll ihre Schwester ihren Kater Buttercup behalten dürfen.
Manipulation gehört in der post-apokalyptischen Welt von Panem ohnehin zur Normalität. Die Reality-TV-artige Aufmachung der Hungerspiele und die Nutzung des Mediums TV im Allgemeinen erinnert ein wenig an George Orwells dystopischen Zukunftsroman „1984“. Dort sieht der Fernseher gleichzeitig alles und konditioniert die Bewohner durch sein andauerndes Programm Tag und Nacht auf Gehorsam und Regierungstreue.
Nur wer sich selbst treu ist, kann in anderen etwas bewegen
Auch im dritten Teil der Trilogie bleibt Katniss ihrer beispiellosen Selbstlosigkeit treu, die ihren Charakter bereits in den vorherigen Teilen auszeichnete. Diese Eigenschaft scheint allen Hauptcharakteren der „guten Seite“ gemeinsam zu sein – jeder opfert sich für den anderen auf, und keiner würde es wagen, sein eigenes Wohl an erste Stelle zu stellen. Denn dann wäre man ja ebenso verlogen und schlecht, wie die Bewohner des Kapitols. Die Selbstlosigkeit ist nicht die einzige Eigenschaft, zu der im Film aufgerufen wird. Wie bereits in den beiden ersten Teilen ruft auch der dritte Teil zu Authentizität auf.
Um die revolutionäre Stimmung unter das Volk zu tragen, will Plutarch Propaganda-Videos mit Katniss als Spotttölpel veröffentlichen. Doch die auswendig gelernten Zeilen, die sie in einer Greenbox herausschreien soll, klingen falsch und nicht sehr nach Kampfesgeist. Katniss will nicht mehr bloß das Gesicht der Revolution sein – sie will selbst ein aktiver Teil des Kampfes gegen die Regierung werden. Die Besetzung scheint hier perfekt mit der Rolle zu harmonieren. Katniss – Schauspielerin Jennifer Lawrence – gilt auch in Hollywood als authentisch und menschlich. Sie blödelt gerne herum und verabscheut jede Art von übertriebenem äußerlichem Perfektionismus, wie Diäten, dem Schlankheitswahn und der umher gehenden Schönheits-OP-Sucht in Hollywood-Kreisen.
Eine hinter Unterhaltung getarnte Gesellschaftskritik
Insgesamt zeichnet sich die Inszenierung von „Mockingjay – Teil 1“ durch ein gutes Gefühl für den Rhythmus der Geschichte aus. Die schauspielerischen Leistungen der Darsteller sind wie bereits in den vorhergehenden Teilen sehr gut – wobei Lawrence eine überragende Stellung einnimmt. Die Schauspieler passen ideal zu ihren Rollen – oder passen die Rollen ideal zu den Schauspielern? Auch die Erzählstrategie des Films kann die Tatsache aufwiegen, dass man nun noch etwa ein Jahr auf das endgültige Finale warten muss. Obwohl dies nur der erste Teil des dritten Bandes der Trilogie ist, wird die Geschichte in sich vollständig erzählt. Es gibt keinen nervigen Cliffhanger am Ende, sondern eines, das zwar auf mehr gespannt macht, der Geschichte von „Mockingjay – Teil 1“ jedoch gleichzeitig einen würdigen Abschluss gibt.
Neben vielen spannungsgeladenen Actionszenen gibt es mehrere Handlungsstränge für diejenigen, die nicht so starke Nerven haben.
Hinter all der Hollywood-würdigen Unterhaltung verbirgt sich jedoch auch eine Gesellschaftskritik, die es in sich hat. Der Film ruft zu Authentizität aus. Weg mit der Reality-TV verpesteten Wirklichkeit der heutigen westlichen Welt, und hin zu denen, die wir wirklich sind: ohne Inszenierung, ohne Make-up. Also runter mit der Maske!
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