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Aktuelle Seite: Startseite / Politik & Gesellschaft / 45 Jahre Fristenregelung – ein Gesetz auf dem Prüfstand

45 Jahre Fristenregelung – ein Gesetz auf dem Prüfstand

8. März 2017 von Redaktion 2 Kommentare

Am 9. März 1972 wurde in der damaligen DDR das „Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft“ verabschiedet, das eine Abtreibung bis zur 12. Woche nach der Empfängnis legalisierte und damit die Vorlage für die in Deutschland bis zum heutigen Tag gültige Fristenregelung lieferte. Rahel Rehder und Stefan Matthaei werfen einen Blick auf ein kontrovers diskutiertes Gesetz.

© flickr.com / Emmanuel Huybrechts

Historischer Abriss

Mit dem „Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft“, das die DDR-Volkskammer am 9. März 1972 verabschiedete, wurde den Frauen das Recht zugeschrieben eine „Schwangerschaft innerhalb von 12 Wochen nach deren Beginn (…) unterbrechen zu lassen“[1], mit der Auflage, dass der durchführende Arzt über „die medizinische Bedeutung des Eingriffs aufzuklären“[2] hatte. Dass es sich bei diesem Eingriff nicht um eine Unterbrechung, sondern um den Abbruch der Schwangerschaft handelte, sollte angesichts der irrtümlichen Wortwahl im Gesetzestext unbedingt erwähnt werden.

Im April 1974 wurde in der damaligen BRD ein ähnliches Gesetz im Bundestag mit knapper Mehrheit beschlossen. Im fünften Strafrechtsänderungsgesetz wurde durch die Reform des § 218 StGB der Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen nicht mehr unter Strafe gestellt.

Nach einer Klage von CDU/CSU wurde das Gesetz vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, mit Berufung auf Artikel 2 des Grundgesetzes: „Jeder hat das Recht auf Leben.“ „Jeder“ sei, so das Bundesverfassungsgericht, „auch das noch ungeborene menschliche Wesen.“[3]

Im Mai 1976 wurde daher ein neues Gesetz beschlossen. Im § 218 wurde nun eine Fristenregelung mit einer sogenannten Indikationsregelung kombiniert. Im Falle einer sozialen oder kriminologischen Indikation war nun eine Abtreibung bis zur 12. Woche nach der Empfängnis straffrei, bei einer eugenischen Indikation bis zur 22. Woche und bei einer medizinischen Indikation unbefristet.

Erneut in der Diskussion stand das Gesetz bei der deutschen Wiedervereinigung, als die Regelungen der DDR und der BRD zusammengeführt werden mussten. Das 1992 verabschiedete gesamtdeutsche Abtreibungsgesetz wurde vom Bundesverfassungsgericht abermals kassiert.

Aktuelle Gesetzeslage

Die letzte größere Reform des Abtreibungsstrafrechts stammt aus dem Jahre 1995 und legt die sogenannte Beratungsregelung fest, eine Kombination von Fristen-, Indikationsregelung und Beratungspflicht. Diesem Gesetz zufolge ist eine Abtreibung rechtswidrig, aber straffrei, wenn sie innerhalb der ersten zwölf Wochen von einem Arzt durchgeführt wird und vorher eine Beratung stattgefunden hat. Liegt eine kriminologische Indikation vor, ist der Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche nicht rechtswidrig, bei einer medizinischen Indikation bis zur Geburt.

Warum zwölf Wochen?

Wenn man die in den verschiedenen Gesetzesentwürfen immer wiederkehrende Frist von zwölf Wochen betrachtet, stellt sich die Frage, warum ausgerechnet dieser Zeitrahmen für eine straffreie Abtreibung gewählt wurde. Sowohl aus biologischer als auch medizinischer Sicht beginnt das Leben mit dem Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. Sobald „mit der Verschmelzung der Vorkerne ein neues Genom entstanden ist“[4], ist der Embryo „ein menschliches Wesen, das sich kontinuierlich bis hin zur Geburt und weiter entwickelt.“[5] Der Gynäkologe Dr. Kiworr erklärt, dass der Embryo ab diesem Punkt „nicht nur artspezifisch (als Mensch), sondern auch individualspezifisch (als dieser ganz bestimmte einzigartige Mensch) festgelegt“[6] ist.

Die Embryonalentwicklung läuft innerhalb der ersten zwölf Wochen auf Hochtouren: Bereits am Ende der dritten Lebenswoche beginnt das Herz zu schlagen. Innerhalb der vierten bis achten Lebenswoche, der sogenannten Organogenese, werden alle wesentlichen äußeren wie inneren Strukturen gebildet und es kommt zur Ausbildung von Organen und Extremitäten. Der Eintritt in die Fetalperiode, die von der neunten Lebenswoche bis zur Geburt andauert, markiert den Punkt, an dem alle wesentlichen Organe bereits angelegt sind.

Besonders rasant verläuft auch die Entwicklung des Nervensystems. Aus dem sogenannten Neuralrohr, das sich am Ende der dritten Woche entwickelt, bildet sich in den folgenden Wochen das Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark). In der fünften Lebenswoche beginnen sich die rechte und linke Hirnhälfte zu formen und es werden zahlreiche Nervenverbindungen aufgebaut. Elektrische Hirnaktivitäten sind ab dem 44. Lebenstag messbar. Über verschiedene Nervenzellen können nun schon Reize wie Druck, Schmerz oder Temperatur registriert werden. Beim Eintritt in die Fetalperiode (neunte Lebenswoche) verläuft die Gehirnentwicklung weiterhin sehr schnell. Zu diesem Zeitpunkt werden etwa 250.000 Gehirnzellen pro Minute neu gebildet.

Selbst wenn man sich hinsichtlich des Beginns menschlichen Lebens nicht an der Befruchtung, sondern an der Ausbildung bestimmter Organe orientieren will, ist die Zwölf-Wochen-Frist nicht nachvollziehbar, da alle wesentlichen Organe bereits nach acht Wochen angelegt sind.

Die Einführung der Zwölf-Wochen-Frist hatte einen anderen Grund. Der Würzburger Medizinrechtler Rainer Beckmann erklärt sie wie folgt: „Bei der Zwölf-Wochen-Frist stand […] die Überlegung im Vordergrund, den Strafrechtschutz nur für den Zeitraum zurückzunehmen, in dem das gesundheitliche Risiko für die Frau bei einer Abtreibung noch vergleichsweise gering [war].“[7] Denn nach dem dritten Schwangerschaftsmonat steige – bei dem damaligen medizinischen Stand – „die Komplikationsrate bei Abtreibungen deutlich an“[8], so Beckmann weiter. Die Zwölf-Wochen-Frist hängt demnach mit dem Entwicklungsstand des Kindes nichts zu tun.

Zum Selbstbestimmungsrecht der Frau

Wirft man einen Blick in die Geschichte der Abtreibungsdebatte so zeigt diese, dass die Forderung nach dem Recht auf Abtreibung mit der Emanzipationsbewegung in den 60er/70er Jahren und der Forderung nach Selbstbestimmung einherging „Mein Bauch gehört mir“ – lautete der Slogan, mit dem Frauen das Recht auf Abtreibung einforderten.

Die Freiheit zur Selbstbestimmung ist ein hohes Gut, das niemandem verwehrt werden darf. Das ist unbestreitbar. Doch unsere Handlungsfreiheit wird auf natürliche Weise durch die Rechte anderer beschränkt. Folglich hat auch das Selbstbestimmungsrecht seine Grenzen an der Freiheit einer anderen Person. Im Falle der Abtreibung stellt sich also die Frage, ob das Selbstbestimmungsrecht der Frau wirklich ein höheres Gut als das Lebensrecht des Kindes ist. Denn sind nicht ohne das Recht auf Leben, dem elementarsten Menschenrecht überhaupt, alle weiteren Rechte hinfällig?

Selbstbestimmung fängt in diesem Fall also bereits sehr viel früher an, nämlich bei einer verantwortungsvoll geführten Partnerschaft. Kommt es innerhalb dieser zu einer Schwangerschaft, ungewollt oder nicht, stehen beide Partner in der Verantwortung. Das Selbstbestimmungsrecht muss hinter dem Lebensrecht des Kindes zurückstehen.

Kriminologische Indikation

Im Falle einer Schwangerschaft nach Vergewaltigung (kriminologische Indikation) kann die Verantwortlichkeit der Frau für das gezeugte Kind selbstverständlich nicht eingefordert werden. Zunächst ist festzuhalten, dass nach Zahlen des statistischen Bundesamtes im Jahr 2015 lediglich 0,02 Prozent aller registrierten Schwangerschaftsabbrüche nach einer Vergewaltigung durchgeführt wurden. Auch wenn ein begangenes Unrecht zweifellos nicht durch ein weiteres Unrecht vergolten werden kann und das Kind keine Schuld an dem Verbrechen der Vergewaltigung trägt, stellt sich die Frage, inwieweit der Gesetzgeber, hier eine gesetzliche Regelung treffen kann. In diesen Fällen ist es umso wichtiger, dass die betroffenen Frauen von Staat und Gesellschaft konkrete Unterstützung erfahren, und dass der Schwangeren nach dem schrecklichen Erlebnis der Vergewaltigung bei der Entwicklung neuer Perspektiven, die auch das schuldlose Kind miteinschließen, geholfen wird.

Vitale Indikation und notwendige medizinische Behandlungsmaßnahmen

Besonders dramatisch sind Situationen, bei denen das Leben der Mutter direkt durch die Schwangerschaft gefährdet ist (z. B. Eileiterschwangerschaft) oder eine notwendige medizinische Behandlung ansteht, die das Leben der Mutter schützen will, aber gleichzeitig das Leben des Kindes bedroht (z. B. Chemotherapie in der Schwangerschaft).

Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen, nämlich bei Berufung auf den entschuldigenden Notstand (StGB §35), ist es nicht möglich, jemanden zu bestrafen, der lebensrettende Behandlungsmaßnahmen für die Mutter trifft, die gleichzeitig das Leben des ungeborenen Kindes gefährden. Der Tod des Kindes darf aber nur als letztes Mittel (ultima ratio) in Kauf genommen werden.

Conclusio

Die aktuelle Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch ermöglicht die Verletzung des grundsätzlichsten Menschenrechts überhaupt – des Rechts auf Leben, das auch dem ungeborenen Kind zusteht. Bei dieser Feststellung geht es nicht um Schuldzuweisungen oder die Verurteilung von Frauen, die eine Abtreibung durchführen lassen, sondern darum, eine Grundsatzdiskussion zur aktuellen gesetzlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs anzustoßen, die in der Argumentation weder medizinisch noch rechtsphilosophisch schlüssig ist.

Das Wichtigste ist, dass die Gesellschaft eine positive Haltung zum Lebensrecht des ungeborenen Kindes einnimmt und dass Frauen im Schwangerschaftskonflikt in ihrem Umfeld Hilfe und Unterstützung erfahren.

Literatur

[1]              „Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft“ §1 Abs. 2., in: Gesetzesblatt der Deutschen Demokratischen Republik vom 15. März 1972 Teil I Nr. 5, S. 89.

[2]              „Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft“ §1 Abs. 3., in: Gesetzesblatt der Deutschen Demokratischen Republik vom 15. März 1972 Teil I Nr. 5, S. 89.

[3]              Masmeier, Bernd: Das Urteil des BVerfG zum Schwangerschaftsabbruch von 1975. S.5. http://www.politik-fuer-menschen-mit-handicap.de/documents/Das_Urteil_des_BVerfG_zum_Schwangerschaftsabbruch_von_1975.pdf. und http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv039001.html

[4]              Rolf, Sibylle: Embryonenforschung: Über den Umgang mit menschlichem Leben, in Deutsches Ärzteblatt 2010; 107(10): A 438–40. https://www.aerzteblatt.de/archiv/68068/Embryonenforschung-Ueber-den-Umgang-mit-menschlichem-Leben.html (zuletzt aufgerufen am 02.03.2017).

[5]              Ebd.

[6]              Kiworr, Michael: Neun Monate bis zur Geburt. Bernardus-Verlag (Mainz) 2016. S.63

[7]              Beckmann, Rainer: §218 in der Diskussion. 50 Behauptungen und ihre Widerlegung. Sinus (Beltheim) 31998. S.21.

[8]              Ebd.


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Kategorie: Politik & Gesellschaft Stichworte: Abtreibung, Baby, Eltern, Kind, Leben, Lebensschutz, Recht, Selbstbestimmung, Tod

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Kommentare

  1. Klaus Ebner meint

    12. März 2017 um 14:01

    „Das Wichtigste ist, dass die Gesellschaft eine positive Haltung zum Lebensrecht des ungeborenen Kindes einnimmt und dass Frauen im Schwangerschaftskonflikt in ihrem Umfeld Hilfe und Unterstützung erfahren.“ Gemeint sind damit wohl: Strafandrohung, Einschüchterung und Psychoterror.

    Antworten
    • Stefan MatthaeiStefan Matthaei meint

      21. März 2017 um 20:55

      Bei einer Schwangerschaft geht es immer mindestens um zwei Personen und damit auch um zwei Leben: Das der Mutter und das des Kindes. Beide gilt es zu berücksichtigen. Frauen, die sich in einer Konfliktsituation befinden (weil sie z.B. ungewollt schwanger wurden), brauchen Hilfe und keinen negativen Druck. Wie kann so eine Hilfe aussehen? Z.B. Finanzielle Unterstützung (der Frau bzw. des Paars); ernsthafte langfristige Beratung, bei der der Frau zugehört wird und das eigentliche Problem angegangen werden kann; bessere Möglichkeiten schaffen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf/ Karriere (z.B. durch Teilzeit, gesetzliche Regelungen für Elternzeit etc.), wenn das gewünscht ist; falls die Frau das Kind unter keinen Umständen behalten will, geeignete Adoptiveltern suchen und finden; auch durch verantwortungsbewusstes Verhalten der Väter, kann Frauen geholfen werden; oder einfach, dass man sich mit der Mutter über das Kind freut; usw.
      Ich meine, wer das Kind zum Problem und die Abtreibung als Lösung deklariert hat leider keine lebensfreundliche Einstellung.

      Antworten

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